Notaufnahmen könnten durch eine bessere Kooperation mit Kassenärztlichen Bereitschaftspraxen entlastet werden. Zu diesem Ergebnis kam eine Machbarkeitsstudie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern und des RoMed Klinikums Rosenheim unter Beteiligung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).
Die Krankenhäuser in Deutschland beklagen seit Jahren eine massive Überlastung der stationären Notaufnahmen. Im Fokus steht dabei auch die Fehlinanspruchenahme von Notfallversorgungskapazitäten durch Akutpatienten, die oftmals auch während der allgemeinen Praxisöffnungszeiten vertragsärztlich behandelt werden könnten, heißt es in einer Mitteilung. Die aktuelle Machbarkeitsstudie weist Lösungne für eine sachgerechte Steuerung von Akutpatienten auf, die zu einer wirksamen Entlasung von Notaufnahmen führt. Dabei kam ein gestuftes Verfahren zum Einsatz. "Dieses Verfahren ist ein erster wichtiger Schritt zur Verbesserung der Sicherheit von Patientinnen und Patienten und zur Entlasung der Notaufnahmen von minder schweren Fällen. Personen mit besonderen Risiken wurden sofort identifiziert", sagt Michael Bayeff-Filloff, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am RoMed Klinikum Rosenheim. Um einen sofortigen Behandlungsbedarf zu erkennen, wurden zunächst alle Patienten durch die Sichtungs-Fachkraft mit dem in der Klinik etablierten Manchester Triage System (MTS) nach Dringlichkeit priorisiert. Dabei gibt es fünf nach Farben sortierte Gruppen: Patienten, die in "sofort (rot)" oder "sehr dringend (orange)" eingestuft wurden, sind direkt in die Notaufnahme geleitet wurden. Ebenso Patienten, die bestimmte Untersuchungen oder Behandlungen, wie etwa eine Wundversorgung benötigten. Die Triagestufen "normal (grün)", "nicht dringend (blau)" sowie "teilweise dringend (gelb)" wurden zudem durch eine Fachkraft der KBV mit der Software "Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland", kurz SmED, eingeschätzt. Soweit daraus eine Empfehlung zur vertragsärztlichen Behandlung hervorging, wurden die Patient:innen zu Besetzt-Zeiten der Kassenärztlicheb Bereitschaftspraxis (in den Nachbarräumen zur ZNA) behandelt. Vor einer Weiterleitung in eine externe Vertragspraxis konnten die Patienten zunächst per Videotelefonie einem Vertragsarzt vorgestellt werden. "Von den Patientinnen und Patienten, die einer Vertragsärztin oder einem Vertragsarzt vor Ort per Videotelefonie vorgestellt worden sind, wurde nur ein Fünftel zur weiteren Diagnostik in die Notaufnahme eingewiesen", so Bayeff-Filoff. Im Gesamtergebnis seien rund drei Viertel der Patienten in der Notaufnahme behandelt wurden, ein Viertel durch Vertragsärzte.
Bayeff-Filoff sieht jedoch noch weitere Möglichkeiten zur Entlastung der Notaufnahme, etwa durch Einbeziehung eines Teils der vom Rettungsdienst eingelieferten Patienten in die Versorgung durch die KV-Bereitschaftspraxis und diejenigen Patienten, die vermeintlich weitergehende Untersuchungen benötigen würden. "Würde die KV-Bereitschaftspraxis mehr Möglichkeiten zur Diagnostik erhalten und würden niedergelassene Unfallchirurgen einbezogen, sind weitere Entlastungen der Notaufnahme denkbar", so Bayeff-Filoff weiter. Er weist zudem darauf hin, dass große Notaufnahmen das gestufte Verfahren nicht ohne zusätzliches Personal am Empfangstresen bewältigen könnten und plädierte für eine enge Kooperation mit der Kassenärzltichen Vereinigung.
Nach Angaben von Zi-Vorstandsvorsitzenden Dominik von Stillfried konnten fast 95 Prozent der selbsteinweisenden Patienten, die nach SmED der vertragsärztlichen Versorgung zugeordnet wurden, durch die Bereitschaftspraxen behandelt werden. Von den Patienten, die eine Videokonsultation in Anspruch genommen hätten und nicht eingewiesen wurden, erhielt die Hälfte umgehend einen Termin in einer Praxis. Die andere Hälfte sah sich bereits ausreichend ärztlich beraten. "Dieser Zufallsbefund spricht dafür, das Angebot der Videotelefonie an dieser Stelle zu erweitern", so von Stillfried.