127. Deutscher Ärztetag

Reinhardt: Nur Ärzteschaft kann bei Reformen den Praxischeck machen

  • News des Tages
Reinhardt: Nur Ärzteschaft kann bei Reformen den Praxischeck machen
Dr. med. Klaus Reinhardt © Bundesärztekammer

Auf dem 127. Deutschen Ärztetag in Essen kritisierte Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt die Einbindung wichtiger Organisationen aus dem Gesundheitswesen in Gesetzgebungsprozesse des Bundes. In seiner Eröffnungsrede bezeichnete er es als einen schweren politischen Fehler des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach, das Engagement der Ärztinnen und Ärzte in ihren Selbstverwaltungskörperschaften als "Lobbyismus" zu diskreditieren. Er solle dieses "wertvolle Erfahrungswissen" stattdessen für seine politische Arbeit nutzen. "Punktuelle politische Partizipation ja, aber im großen Ganzen wird doch der Einbezug derer, die in der Gesundheitsversorgung Verantwortung tragen, als unnötig oder gar störend empfunden", sagte Reinhardt vor den 900 Gästen der Eröffnungsveranstaltung, unter ihnen 250 Abgeordnete des Ärztetages.

Fristen für Stellungnahmen zu kurz

Insbesondere kritisierte Reinhardt viel zu kurze Fristsetzungen für schriftliche Stellungnahmen bei Gesetzgebungsverfahren. Mitunter gewähre das Bundesgesundheitsministerium nur wenige Stunden Zeit, um Gesetzentwürfe zu analysieren und zu kommentieren. "Dabei handelt es sich um umfangreiche und komplexe Gesetze und Verordnungen, die zu prüfen und zu bewerten mindestens Tage, wenn nicht Wochen in Anspruch nehmen würde", so der Bundesärztekammer-Präsident. Bis vor wenigen Jahren habe man den am Stellungnahmeverfahren beteiligten Organisationen diese Zeit auch zugebilligt. Mit Corona habe sich das aber geändert. Darunter hätten auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu leiden, so Reinhardt weiter. Auch sie würden von der Regierung oftmals erst "fünf vor zwölf" informiert. "Ich halte eine solche pro forma Beteiligung des Parlaments und der organisierten Zivilgesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz politischer Entscheidungen für demokratiegefährdend", so Reinhardt. 

"Nur wir können den Praxischeck machen, ohne den jede Reform zu Verwerfungen in der Versorgung führt oder ins Leere läuft."

Konkret forderte Reinhardt, bereits bei der konzeptionellen Vorbereitung von Gesetzesinitiativen eingebunden zu werden. Reinhardt: "Nur wir können den Praxischeck machen, ohne den jede Reform zu Verwerfungen in der Versorgung führt oder ins Leere läuft." Das sei auch bei der geplanten Krankenhausreform notwendig. Reinhardt unterstütze deren Ziele, notwendig sei es aber, den Ländern ausreichend Spielraum zu geben, um die Reform auf ihre regionalen Bedürfnisse auszurichten. Außerdem müsse bei der Reform eine enge Verzahnung mit dem ambulanten vertragsärztlichen Bereich mitgedacht werden. 

Ambulanter Sektor hat keine Priorität

Grundsätzlich scheine der vertragsärztliche Bereich bei der Bundesregierung keine Priorität zu haben. "Und wenn dann die Politik den ambulanten Sektor in den Blick nimmt, dann um zu kürzen und zu streichen." Dies sei ein Affront gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, die in der Corona-Pandemie wirklich Herausragendes geleistet hätten. Während man es den Ärztinnen und Ärzten in der ambulanten Versorgung immer schwerer macht, plane man den Aufbau von "teuren Parallelstrukturen – seien es nun Kioske, Lotsen oder Nurses", die nur neue Schnittstellen und Abstimmungsprobleme verursachen würden. 

Reinhardt kritisiert damit die Einführung von Community Health Nurses (CHN), die der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der Verein demokratischer Ärzt*innen (vdää*) und der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) unter anderem in einem Eckpunktepapier für eine Weiterentwicklung des Gesundheitssystems fordern. 

In einem weiteren Schwerpunkt seiner Rede forderte Reinhardt, gesundheitliche Aspekte neben dem Gesundheitsressort in allen Politikbereichen stärker zu berücksichtigen. Neben der klassischen Gesundheitspolitik müssten auch in anderen Ressorts Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit auf den Weg gebracht werden. 

Autor

 Christina Spies

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Mit unserem täglichen Newsletter informieren wir bereits rund 10.000 Empfänger über alle wichtigen Meldungen aus den Krankenhäusern und der Gesundheitsbranche

Kontakt zum Kundenservice

Rufen Sie an: 0 56 61 / 73 44-0
Mo - Fr 08:00 bis 17:00 Uhr

Senden Sie uns eine E-Mail:
info@bibliomedmanager.de

Häufige Fragen und Antworten finden Sie im Hilfe-Bereich