Klinikprotest in Berlin

DKG-Chef Gaß: "Die Politik muss priorisieren"

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DKG-Chef Gaß: "Die Politik muss priorisieren"
DKG-Protest, Juni 2023 in Berlin © Bibliomed

Mit einem bundesweiten Protesttag haben die deutschen Krankenhäuser auf ihre ernste wirtschaftliche Lage aufmerksam gemacht. Auf der zentralen Kundgebung vor dem Berliner Hauptbahnhof erklärte Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), vor rund 300 Demonstranten: "Wir wollen, dass die Politik erkennt, dass jetzt aktiv gehandelt werden muss." Krankenhäuser müssten den Inflationsausgeleich jetzt bekommen, nicht erst in zwei Jahren, wenn es zu spät sei. "Wir wollen nicht die Krankenhausreform verhindern, sondern eine kalte Marktbereinigung", stellte der DKG-Chef klar. "Viele Kliniken gehen gerade insolvent, oder Träger wie zum Beispiel die Stadt Leipzig nehmen hunderte Millionen Euro in die Hand, um ihre Kliniken zu retten. Oder Kliniken wie die Charité müssen jetzt am Personal sparen. Das ist ein Skandal!" Um mehr Geld für Kliniken zu haben, müsse die Politik priorisieren, forderte Gaß. Als mögliche Einsparungsposten für Finanzminister Christinan Lindner (FDP) nannte er das Dienstwagenprivileg (5 Milliarden Euro im Jahr) und die Steuerfreiheit für Flugbenzin (8 Milliarden Euro pro Jahr).

Auch der Deutsche Pflegerat (DPR) und die Gewerkschaft Verdi unterstützten die Protestaktion. Annemarie Fajardo, DPR-Vize-Präsidentin, sagte in Berlin: "Wir befürchten, dass die Gesundheitsversorgung in einigen Regionen nicht mehr in der Qualität stattfinden kann, die wir gewohnt sind." Auch zur Krankenhausreform äußerte sich Fajardo. Eine Reform ohne Beteiligung der Pflege sei keine Krankenhausreform, sagte die DPR-Vizechefin. Vor allem an den geplanten Level 1i-Kliniken ließ sie kein gutes Haar. Sie kritisierte, dass dort keine Ausbildungsplätze für die Pflege vorgesehen sind. Sylvia Bühler von Verdi warnte, dass in der derzeitigen Klinikkrise hunderttausende Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden. "Die Zukunft des Gesundheitssystems darf nicht dem Finanzminister überlassen werden", forderte sie in Berlin. Es gehe jetzt akut darum, "dass die Krankenhäuser noch da sind, wenn es zur Neuordnung des Krankenhauswesens kommt". 

Weil die Krankenhäuser zum Ende des Jahres in ein Defizit von zehn Milliarden Euro läufen würden, fordert die DKG ein Vorschaltgesetz, "damit die große Krankenhausreform noch auf eine funktionierende Krankenhauslandschaft trifft". Abwarten, bis die Reform einmal greift, sei "fahrlässig“. Unterstützung bekamen die Protestler von allen großen Klinikverbänden. Auch an in vielen weiteren Städten gab es Proteste. 

Holetschek sichert Unterstützung zu

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat den bayerischen Kliniken weitere Unterstützung im Ringen mit der Bundesregierung über die geplante Krankenhausreform zugesichert. Holetschek betonte vor dem Protesttag in München: „Für den Protesttag der Krankenhäuser habe ich viel Verständnis. Die massive Verärgerung der Klinikverantwortlichen zeigt, wie unausgegoren das bisherige Reformkonzept der Bundesregierung war und teilweise immer noch ist. Auch bei den weiteren Bund-Länder-Gesprächen zur Krankenhausreform werde ich mich dafür einsetzen, dass die Interessen der bayerischen Kliniken in angemessener Form berücksichtigt werden.“ Neben drohenden Insolvenzen von Krankenhäusern sehe Holetschek noch weitere Gefahren. Eine Verdichtung der Kliniklandschaft lehne er entschieden ab. Bayern habe von Anfang an davor gewarnt, dass die Reformpläne des Bundes auf Kosten von Krankenhäusern insbesondere auf dem Land gehen könnten.

Klinikverbund Hessen: Kein Haus erwartet Überschuss für 2024

„Wenn die Politik nicht schnell etwas unternimmt, werden sich viele Patientinnen und Patienten in Hessen ein anderes Krankenhaus für ihre Behandlung suchen müssen“, stellt Clemens Maurer, Vorstandsvorsitzender des Klinikverbunds Hessen, fest. Eine Umfrage unter den Mitgliedskrankenhäusern des Klinikverbunds Hessen zur wirtschaftlichen Situation habe ein dramatisches Bild ergeben: „Für das Jahr 2022 gaben bereits 72 Prozent der befragten Krankenhäuser einen negativen Jahresabschluss an, für 2023 erwarten 85 Prozent und für 2024 sogar 86 Prozent der befragten Kliniken ein Defizit“, erläutert Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen, die Zahlen. Einen Überschuss erwarte für 2024 keines der Krankenhäuser mehr. Doch nicht nur die Zahl der Krankenhäuser mit negativem Jahresergebnis steige, auch der Betrag des Defizits werde pro Krankenhaus durchschnittlich von rund 4 Millionen Euro im Jahr 2022 auf über 10 Millionen Euro im Jahr 2023 zunehmen.

Rote Fassaden und rote Donuts

Das Emmericher Krankenhaus am Rhein nahm wie viele andere Klinken am bundesweiten Protesttag mit einer besonderen Aktion teil: Von Montag, 19. Juni, ca. 22 Uhr, bis zum Abend des 20. Juni werden in der Dunkelheit die Fassaden und tagsüber die Foyers beider Krankenhäuser in rotes „Alarmlicht“ getaucht. So soll auch optisch die Botschaft transportiert werden. Über einen QR-Code ist es möglich, digital auf der Webseite der Krankenhausgesellschaft zu unterschreiben, um die Politik zum Handeln aufzufordern. Besuchende beider Krankenhäuser konnten an Infoständen im Foyer des Marien-Hospitals und des St. Willibrord-Spitals, jeweils zu den Besuchszeiten (10 bis 12 und 14 bis 16 Uhr) ihre Online-Unterschrift abgeben. Vertreter von Geschäftsführung, Mitarbeitervertretungen und Pflegemanagement standen dort als Ansprechpartner zur Verfügung. Zum Gespräch gibt es – passend zum Aktionsmotto – Donuts mit roter Glasur.

Autoren

 Christina Spies
 Jens Mau

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