Wer bleibt besser im Krankenhaus? Wer kann nach Hause? Das hat ein Forschungsteam aus Hamburg Gesundheitsexperten gefragt und untersucht, welche Faktoren das Angebot ambulanter Krankenhausleistungen in Deutschland beeinflussen. Die Studie zeigt: Ums Geld allein geht es nicht.
In Deutschland wurden im Jahr 2019 immer noch etwa 40 Prozent der Eingriffe, die sowohl von niedergelassenen Fachärzten als auch von Krankenhäusern ambulant durchgeführt werden dürfen, stationär vorgenommen. Bei einer Reihe von Eingriffen ist die stationäre Rate sogar noch höher: 80 Prozent aller Hernienoperationen werden stationär durchgeführt, in Nachbarländern wie den Niederlanden und Dänemark sind es nur 15 Prozent. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern hat Deutschland hier also noch einen hohen Nachholbedarf.
Warum das so ist und welche Faktoren das Angebot ambulanter Krankenhausleistungen – trotz eines einheitlichen Vergütungssystems – in Deutschland beeinflussen, hat ein Forschungsteam des Hamburg Center for Health Economics der Universität Hamburg untersucht. Das Team um Robert Messerle hat zunächst Gesundheitsexperten und Praktiker befragt und danach eine Analyse von Daten aller deutschen Krankenhäuser vorgenommen.
Je mehr Erfahrung, desto mehr ambulant
Standen bisher vor allem finanzielle Anreize im Fokus für den immer noch hohen stationären Anteil an Leistung in Krankenhäusern, hat das Team nun weitere, zusätzliche Faktoren gefunden. "Der stärkste Zusammenhang, jedenfalls von den Variablen, die wir messen können, besteht nach unseren Ergebnissen bei der Erfahrung mit einer Prozedur. Wie oft führt ein Krankenhaus einen bestimmten Eingriff insgesamt durch, egal, ob ambulant oder stationär? Je mehr Erfahrung ein Krankenhaus mit einer bestimmten Leistung hat, desto größer scheint die Bereitschaft zu sein, diese Leistung auch ambulant zu erbringen“, so Robert Messerle.
Qualifiziertes Personal spielt wichtige Rolle
Darüber hinaus wurde die Verfügbarkeit adäquater ambulanter Strukturen und Prozesse sowie qualifizierten Personals als Beispiele für wichtige Faktoren in den Interviews genannt. Auch auf die Bedeutung „softer“ Faktoren wie individuelle Erfahrungen und Präferenzen der Mitarbeitenden / Ärzt:innen wurde in Befragungen hingewiesen.
Möglichkeiten einer Nachsorge
Viele der in den Interviews genannten Faktoren fanden sich in den Ergebnissen der Datenanalyse wieder. Die quantitativen Ergebnisse bestätigen, dass Faktoren wie das Leistungsspektrum eines Krankenhauses, dessen Größe, die Anzahl der durchgeführten Eingriffe und die Infrastruktur der Notfallversorgung eine große Rolle spielen. Auch demografische und sozioökonomische Faktoren, wie der Anteil an Einpersonenhaushalten in der Region und damit das potenzielle Fehlen eines familiären Netzes bezieungsweise die Möglichkeit adäquater Nachsorge, wurden in der Analyse als wichtige Einflüsse gemessen.
Diese Faktoren beeinflussen die Entscheidung von Krankenhäusern, Eingriffe ambulant durchzuführen:
Krankenhaus-interne Faktoren
- Erfahrung mit einer bestimmten Prozedur/Leistung
- Ambulante Infrastruktur der Krankenhäuser
- Betten- und Personalkapazität der Krankenhäuser
- Leistungsspektrum der Krankenhäuser
- Größe der Krankenhäuser
- Notfallversorgung in den Krankenhäusern
- Finanzielle Situation der Krankenhäuser
Krankenhaus-externe Faktoren
- Sozioökonomische, demographische und medizinische Charakteristika der Patient:innen
- Verfügbarkeit von qualifiziertem Pflegepersonal
- Standort / Krankenhausdichte und Konkurrenz
- Regionale ambulante Versorgungsinfrastruktur
- Intensität der Abrechnungsprüfung durch Krankenkassen
Zur vollständigen Studie geht es hier.