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Die Politik spielt Schwarzer Peter und (fast) alle spielen mit

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Die Politik spielt Schwarzer Peter und (fast) alle spielen mit
Heinz Lohmann © Falk von Traubenberg

Erstaunliches ereignet sich aktuell in der Gesundheitsbranche. Viele Managerinnen und Manager schielen zum wiederholten Male auf die Politik und erhoffen sich Erlösung in höchster Not. In fast jedem anderen Wirtschaftsbereich würden die Verantwortlichen es als ihre Aufgabe ansehen, die ihnen anvertrauten Betriebe trotz der Widrigkeiten unserer Zeit zum Erfolg zu führen. Für das Jammern sind dort die Verbände zuständig.

Unbestritten sind die Herausforderungen der Kliniken riesengroß. Aber dafür ist das Management der Gesundheitsunternehmen ja in den vergangenen 30 Jahren mächtig aufgerüstet worden. Waren es Ende der 1980er-Jahre noch mehrheitlich ehemalige Kommunalbeamte, die häufig am Ende ihrer Karriere Verwaltungsleiter in Krankenhäusern wurden, nahm danach die Zahl der akademisch ausgebildeten Ökonomen ständig zu. Die damit verknüpfte Hoffnung einer stärker unternehmerisch ausgerichteten Kliniklandschaft scheint voreilig gewesen zu sein. Gestalter statt Verwalter sind offenkundig immer noch in der Minderheit. Wie wäre sonst der vielfach vorgetragene Wunsch nach einem „weißen Ritter“ aus den Reihen der Politik schlüssig zu erklären.

Bund beschuldigt Länder für verspäteten Strukturwandel

Niemand sollte sich den Kopf vernebeln lassen. Die Politik spielt zurzeit ein Spiel, das sie besonders liebt. „Du bist schuld an der Misere, nicht ich!“ So bezichtigt der Bund die Länder, nicht rechtzeitig den notwendigen Strukturwandel der Krankenhäuser eingeleitet zu haben, vielleicht sogar mit einer gewissen Berechtigung. Zudem verweist er darauf, dass die Länder lautstark die Zuständigkeit für die Krankenhausplanung eingefordert hätten. Dieser Anspruch habe den „revolutionären“ Gestaltungswillen des Bundes in die Schranken verwiesen. Die daraus resultierenden Verzögerungen der Umstellung der Krankenhausfinanzierung müssten die Länder deshalb eben in eigener Verantwortung überbrücken. Die Verheißung einer auskömmlichen Finanzierung könne jetzt erst in einigen Jahren wirksam werden.

Fatal ist, dass viele Akteurinnen und Akteure aus der Branche auch über dieses „Stöckchen“ springen. Die überall vernehmbaren Forderungen nach „Überbrückungsmaßnahmen“ belegen die Wirksamkeit der ausgelegten „Leimrute“. Fast niemand hinterfragt mehr die Sinnhaftigkeit des geplanten Finanzierungssystems, sondern fast alle Diskutanten loben die geplanten Maßnahmen und kritisieren lediglich den „zu späten Zeitpunkt“ des Eintretens der vermeintlichen Entlastungen für die Klinken.

Die Wiederbelebung der Selbstkostendeckung müsste beunruhigen

Die vorgesehene umgehende Rückkehr zum gescheiterten Selbstkostendeckungsprinzip aus dem letzten Jahrhundert müsste die Managerinnen und Manager zutiefst beunruhigen. Ihr Gestaltungsspielraum würde dadurch mehr und mehr eingeschränkt und durch eine starke Ausweitung der staatlichen Regulierung ersetzt. Die mit den Vorhaltepauschalen beabsichtigte Alimentierung von Institutionen wird nämlich zwangsläufig zu einer unendlichen Kette von Eingriffen und damit nicht zum Abbau, sondern zu einem dramatischen Aufbau von Bürokratie führen. Die Wiederbelebung der Selbstkostendeckung würde zudem zu nachteiligen Folgen für die Patientinnen und Patienten in Form von anwachsenden Wartelisten bei qualitativ hochwertigen Medizinangeboten führen und die vielerorts bereits gravierenden Defizite in der medizinischen Versorgung verfestigen.

Eine „Revolution“ im Gesundheitswesen wäre zu erreichen, wenn für die medizinische Basisversorgung ein sektorübergreifendes Capitation- und für die Komplexmedizin ein modernisiertes Fallpauschalenmodell etabliert würde. Beides müsste im Wettbewerb verschiedener Anbieter geschehen, um oktroyierte „Staatsmedizin“ zu vermeiden. Und ja, natürlich brauchen wir in unserer total kaputtregulierten Branche auch eine Übergangslösung, die die akuten Kostensteigerungen ausgleicht, bevor ein solch neu ausgerichtetes System der Sozialen Gesundheitswirtschaft etabliert und wirksam sein wird. 

Autor

Prof. Heinz Lohmann

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