"Die Pandemiebewältigung hat Priorität vor dem Koalitionsvertrag“, versprach Deutschlands designierter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) letzte Woche. Kliniken fordern, dass diesen Worten nun Taten folgen. „Politik und Gesellschaft verlassen sich derzeit ohne die notwendige Eigenverantwortung auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden in den Krankenhäusern und nehmen dabei in Kauf, dass die wirtschaftlichen Risiken der Pandemiebewältigung gerade dort aufschlagen, wo der größte Beitrag zur Versorgung von Covid-Patient:innen geleistet wird“, kritisiert die Allianz kommunaler Großkrankenhäuser (AKG). In den vorangegangenen Tagen hatten viele Großkliniken elektive Behandlungen abgesagt, um die Behandlung von Covid-19-Patienten sicherzustellen und Triage-Situationen zu vermeiden. „Die Politik muss wissen, dass dies in Häusern der Maximalversorgung zu einem echten Versorgungsdefizit bei schwerwiegenden Erkrankungen im Non-Covid Bereich führt“, monierte der AKG-Vorsitzende Matthias Bracht.
Auch der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (KKVD) schlägt Alarm. Die Lage in Bayern und Baden-Württemberg sowie in weiten Teilen Ostdeutschlands sei so dramatisch wie nie zuvor, unterstreicht Ingo Morell, der heute zum neuen KKVD-Vorsitzenden gewählt wurde (bisher war er Stellvertreter). Morell, der auch Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ist, fordert Nachbesserungen beim Rettungsschirm für Kliniken: „Bisher wurde unterstellt, dass die Kliniken bis Ende des Jahres 2021 in den Normalbetrieb übergehen. Doch jetzt geraten immer mehr Krankenhäuser durch die Verschiebung planbarer Behandlungen und Personalknappheit wieder in wirtschaftliche Not.“ Bereits gestern hatte die DKG einen Sitz im Corona-Krisenrat gefordert, den die Ampel-Parteien in diesen Tagen aus der Taufe heben wollen.
Der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß wies im Deutschlandfunk auf die dramatische Situation hin: „Jede Verlegung ist ein Risiko für die Patienten.“ Schon jetzt würden Intensiv-Patienten früher „als medizinisch vertretbar“ auf Normalstationen verlegt werden.