Die Lage in den Notaufnahmen der Krankenhäuser ist äußerst schwierig – zu diesem Ergebnis kommt eine Blitzumfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Menschen suchen demnach in überwiegender Zahl Hilfe in den Notaufnahmen der Krankenhäuser, gleichzeitig können die Kliniken ihre Notfallversorgung nicht annähernd kostendeckend betreiben. Sämtliche Notaufnahmen werden defizitär betrieben, kein Krankenhaus erreicht mit seiner Notfallversorgung ein ausgeglichenes Ergebnis.
DKG: Neuordnung der ambulanten Notfallversorgung
Insgesamt sei die wirtschaftliche Lage der Notfallambulanzen desaströs, sagt DKG-Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß. Sie trage zusammen mit einer fehlenden Patientensteuerung maßgeblich zur massiven ökonomischen Schieflage vieler Häuser und damit zur drohenden Insolvenzwelle bei. Die ambulante Notfallversorgung müsse dringend neu geordnet werden. Gaß erwarte, "dass die Vorschläge der Regierungskommission zur Notfallversorgung genau diese Probleme adressieren".
Laut Umfrage kommen anhaltende Kapazitätsprobleme vor allem aufgrund des Personalmangels hinzu. So mussten im Dezember 2022 77 Prozent der Krankenhäuser ihre Notfallambulanzen mindestens einmal komplett abmelden. Hauptgründe sind unzureichende Bettenkapazitäten auf den Normal- und Intensivstationen sowie der Personalmangel und -ausfälle in den Notaufnahmen. Ausnahmslos alle Häuser bewerten die Vergütung der von ihnen erbrachten ambulanten Leistungen in den Notaufnahmen als defizitär.
Kritik an Zusammenarbeit mit KV
Vielerorts kompensiert die Notaufnahme die Versorgungsprobleme in der vertragsärztlichen Versorgung. Eine hohe Auslastung gibt es vor allem an Werktagen zu den sprechstundenfreien Zeiten der Vertragsärzte, konkret an Mittwoch- und Freitagnachmittagen, am Abend und an Wochenenden, daneben auch tagsüber an Montagen. Daher bewerten die Krankenhäuser die Zusammenarbeit mit der örtlichen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Rahmen der Notfallversorgung mehrheitlich kritisch.
Die Notaufnahmen seien vielerorts zum Ersatz der wegbrechenden Versorgung im niedergelassenen Bereich geworden, urteilt Gaß. „Wer abends und am Wochenende keine ärztliche Hilfe findet oder bei akuten Beschwerden auf Termine in weiter Zukunft vertröstet wird, wählt den Weg in die Notfallambulanzen und erhält in den Krankenhäusern nach wie vor umgehend und verlässlich kompetente Versorgung. Diese Realität muss die Politik anerkennen“, so Gaß. Doch es gelinge dem niedergelassenen Bereich nicht, seine Pflicht zur ambulanten Notfallversorgung umfassend zu erfüllen. „Unser Vorschlag sind integrierte Notfallzentren in den Kliniken, in denen Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte in Portalpraxen und Notfallambulanzen kooperativ die Notfallversorgung übernehmen. Mittelfristig gilt es, den Krankenhäusern die Möglichkeit zu geben, ihre ambulanten Potentiale für die Patientinnen und Patienten nutzbar zu machen. Nur so können wir medizinische Versorgung angesichts des vor allem in der Fläche wegbrechenden niedergelassenen Sektors flächendeckend und rund um die Uhr sichern“, verdeutlicht der DKG-Vorstandsvorsitzende und verweist auf ein bereits vorgelegtes Konzept der DKG zu einer Reform der Notfallversorgung.
Personal:
- Rund drei Viertel der befragten Krankenhäuser bewerten die Personalausstattung der Pflege in den Notaufnahmen aktuell als angespannt (42 Prozent) oder sehr angespannt (34 Prozent).
- Bei den Ärzten bemängeln zwei Drittel der Häuser eine angespannte (54 Prozent) oder sehr angespannte (12 Prozent) Personalbesetzung in ihren Notaufnahmen.
- In 91 Prozent der befragten Häuser kommt es vor, dass dem Personal in den Notaufnahmen Gewalt angedroht wird, etwa von Patienten oder ihren Angehörigen.
Patienten:
- Rund drei Viertel der Befragten bewerten sie als mittel (48 Prozent) bis schlecht (25 Prozent). Nur 14 Prozent stufen sie als gut ein.
- In der Regel kommen die Patienten entweder selbstständig und eigenverantwortlich oder mit dem Rettungs- und Notarztwagen in die Notaufnahmen.
- 74 Prozent der befragten Kliniken gaben an, dass Patienten vor allem fußläufig und ohne Verordnung von Krankenhausbehandlung und ohne Kontakt über die Telefonnummer 116 117 des ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Vertragsärzte die Notaufnahmen in Anspruch nehmen.
- Bei 68 Prozent der Krankenhäuser gelangt ein großer Anteil Patienten mit dem Rettungs- oder Notarztwagen ins Krankenhaus.
Stationäre Versorgung:
- Im Mittel müssen 38 Prozent der Patienten in den Notaufnahmen stationär aufgenommen werden.
- Nicht stationär aufgenommene Fälle bedürfen in den Notaufnahmen fast ausschließlich einer ambulanten Behandlung.
- Nur jeweils rund 1 Prozent der Fälle wird ohne Behandlung direkt an andere Leistungserbringer verwiesen. In den Notaufnahmen erhalten die Patienten eine Behandlung auf stationärem Niveau.
- Die besonderen Diagnostikmöglichkeiten des Krankenhauses werden regelhaft im Rahmen der ambulanten Notfallbehandlung in Anspruch genommen.
Die Ergebnisse der DKI-Umfrage beruhen auf einer Online-Befragung im Januar 2023 unter 112 Allgemeinkrankenhäusern ab 100 Betten.