Orientierungswert von Susanne Müller, BMVZ

Größenvorteil - Größennachteil

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Größenvorteil - Größennachteil

Es gibt Bereiche, die derzeit mehr Aufmerksamkeit als gewohnt bekommen. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) zum Beispiel oder auch die Pflege. „Endlich!“, möchte man hier beinahe sagen. Andere Leistungen bleiben weiter unsichtbar - etwa die ambulantärztlichen Kooperationen im Kontext der aktuellen Pandemie.

Zum einen fällt es den vielen Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), wo mehrere Hausärzte gemeinsam tätig sind, leichter, die angelaufene Impfaktion mit den beständigen Änderungen bei der Impfstoffbestellung und -zuteilung effizient zu organisieren. Denn der Aufwand für die Praxen, kurzfristige Lieferzusagen, knappe Haltbarkeiten, Patientenbefindlichkeiten und die komplexe Terminkoordination unter einen Hut zu bringen, schafft kein Arzt und keine MFA mal eben nebenher.

Zum anderen tragen Kooperationen - und darunter die großen und fachübergreifenden im besonderen Maße - deutliche Mehrlasten der innerärztlichen Honorarverteilung. Denn der Honorarschutzschirm für die Vertragsärzteschaft, der für viele Fachrichtungen abseits der Allgemeinmedizin bis heute sehr relevant und notwendig ist, wurde von Anfang an auf den Leistungserbringer als Kerngröße ausgerichtet, sprich auf die BAG bzw. das MVZ als Ganzes.

Ausgleichszahlungen werden demnach von den KVen dann geleistet, wenn eine Praxis in der Gesamtbetrachtung wenigstens zehn Prozent niedrigere Fallzahlen oder Honorarumsätze nachweisen kann. Besteht ein MVZ oder eine BAG aus verschiedenen Fachrichtungen, von denen einige halbwegs durch die Pandemie kommen, andere aber – wie zum Beispiel die operativen Fächer – nach wie vor existenzielle Patientenrückgänge zu verzeichnen haben, dann sind solche Kooperationen folglich zu wirtschaftlicher Solidarität untereinander verpflichtet. Fachrichtungen mit anhaltenden Fallzallrückgängen werden kooperationsintern von Kollegen, deren Umsätze weniger betroffen sind, mitfinanziert. Analoge Vorgaben wurden durch die aktuelle Schutzschirmregelung – in Kraft gesetzt am 31. März mit dem EpiLageFortgeltungsgesetz - unreflektiert auch in 2021 fortgesetzt.

Der Anteil an Ausgleichszahlungen, den angestellte Ärzte bzw. die MVZ und BAG als deren Arbeitgeber aus den Schutzschirmen der KVen erhalten, liegt dadurch sowohl rückblickend als auch im laufenden Jahr weit unter dem ihrer niedergelassenen Kollegen, was als solches hier gar nicht angeprangert werden soll. Denn dem Grundsatz nach stellt das komplette Zulassungsrecht auf den Leistungserbringer ab. Und MVZ sind daher Kummer, der aus der Behandlungsfallorientierung herrührt, gewohnt.

Aber gerade im Kontext der Debatte, in der sich viele MVZ nach wie vor mit dem Vorurteil konfrontiert sehen, zu Lasten der Versorgungsqualität nur auf die Rendite zu schauen – in einer solchen Debatte sollte auch dieser Größenvorteil, der sich für die betroffenen Einrichtungen als relevanter wirtschaftlicher Nachteil herausstellt, wenigstens wahrgenommen werden.

 

Autor

 Susanne Müller

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