Der GKV-Spitzenverband hat kritisiert, dass der aktuelle Referentenentwurf zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) eine Personalbemessung in Anlehnung an die PPR 2.0 einführen will. Das ermögliche keine vollständige, einheitliche und digitale Pflegepersonalbemessung, bemängelte Kassenvorständin Stefanie Stoff-Ahnis am Montag und sagte: "Wir wollen in den Krankenhäusern eine moderne, digitale Pflegepersonalbemessung, damit Bürokratie in der Pflege ab- und nicht aufgebaut wird.“
GKV-Spitzenverband: "Zeitgemäßes" Pflegepersonalbemessungsinstrument fehlt
Bisher fehle in der gesamten stationären Versorgung immer noch ein „zeitgemäßes“ Pflegepersonalbemessungsinstrument, das bundeseinheitlich den tatsächlichen Pflegepersonalbedarf differenziert nach den unterschiedlichen Qualifikationen ermitteln könne. Dabei sei mit der „Personalbemessung der Pflege im Krankenhaus“ PePiK bereits der richtige gesetzliche Weg eingeschlagen. Nun wolle das Bundesgesundheitsministerium (BMG) aber per Rechtsverordnung eine Personalbemessung in Anlehnung an die PPR 2.0 einführen. Stoff-Ahnis betonte: "Jedes Personalbemessungsinstrument muss sich daran messen lassen, ob es geeignet ist, die Qualität der Pflege am Krankenbett nachhaltig zu verbessern.“ PePiK könne das leisten und sei deshalb „endlich“ als eine „qualitätsverbessernde Pflegepersonalbemessung“ auf den Weg zu bringen. Zudem seien Pflegepersonaluntergrenzen auf alle bettenführenden Krankenhausbereiche auszuweiten, um den notwendigen Patientenschutz mit einer Mindestbesetzung sicherzustellen und Pflegepersonal nicht zu überlasten.
Nach einer Vorgabe im fünften Sozialgesetzbuch (Paragraf 137k) sollen der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Verband der Privaten Krankenversicherung im Einvernehmen mit dem BMG wissenschaftliche Einrichtungen oder Sachverständige beauftragen, ein Verfahren zur einheitlichen PePiK zu entwickeln und zu erproben. Dies könne sofort geschehen, denn eine Leistungsbeschreibung für die Ausschreibung des Verfahrens sei bereits erstellt worden und liege dem BMG fristgemäß seit Mitte Dezember 2021 vor, so die Kassenvorständin weiter. Um die Auftragsvergabe zu beginnen, sei das Einvernehmen des BMG zu der vorliegenden Leistungsbeschreibung zeitnah erforderlich.
Die drei Verbände seien sich einig, dass sich der erforderliche Pflegepersonalbedarf "anhand der digitalen Pflegedokumentation von Pflegediagnosen und maßgeblichen Pflegetätigkeiten“ ableiten lassen sollte. Zusätzlicher bürokratischer Aufwand lasse sich damit vermeiden. "Eine Pflegepersonalbemessung auf diesem Niveau wäre ein Quantensprung hin zu einer am Pflegeprozess ausgerichteten qualitativ hochwertigen Pflege im Krankenhaus. Mit der Einführung von PePiK, der neuen Personalbemessung in der Pflege im Krankenhaus, würde die Pflege nachhaltig gestärkt und verbessert werden.“
DBfK: "Relevante Zielsetzungen der Personalbemessung nicht erfüllt"
Die Meinungen aus der Pflege stehen dabei in deutlichem Gegensatz zu der Position des GKV-Spitzenverbands. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) sieht "relevante Zielsetzungen der Personalbemessung nicht erfüllt". Die "dringend benötigte Trendwende" bringe das vorgelegte Papier nicht, wesentliche pflegerische Aspekte blieben unberücksichtigt, bemängelte DBfK-Präsidentin Christel Bienstein am Dienstag. Der Einstieg in eine bundeseinheitliche Pflegepersonalbedarfsermittlung müsse zeitgleich auf Normal-, pädiatrischen und Intensivstationen erfolgen. Außerdem gehe aus dem Entwurf nicht hervor, dass sich die Soll-Personalbesetzung aus den erhobenen Bedarfen berechnen muss und die Absicht ist, eine Personalausstattung von 100 Prozent der erhobenen Pflegebedarfe zu erreichen. Genau das sei jedoch Ziel der PPR 2.0. Ferner müsse die Pflegepersonalbedarfsermittlung bundeseinheitlich erfolgen – unabhängig von etwaigen Entlastungstarifverträge in einzelnen Krankenhäusern.
Eine ähnliche Kritik hatte der Deutsche Pflegerat (DPR) bereits in der Vorwoche geäußert. "Wesentliche Vorschläge" der Pflegeberufsverbände seien nicht berücksichtigt, beklagte Pflegeratspräsidentin Christine Vogler in der Vorwoche. Auch die Gewerkschaft Verdi forderte am Montag noch „wesentliche Nachbesserungen“, damit Beschäftigte tatsächlich entlastet würden. So sei gesetzlich eindeutig zu formulieren, dass PPR 2.0 auf den Stationen zur Anwendung kommt. Auch für die Intensivmedizin seien konkrete bedarfsgerechte Vorgaben nötig. Im vorliegenden Entwurf sei PPR 2.0 lediglich in der Begründung erwähnt, noch nicht aber im Gesetzestext selbst. Die an der Entwicklung der PPR 2.0 beteiligten Verbände – DKG, DPR und Verdi – seien in die geplante Ausgestaltung der Rechtsverordnung eng einzubeziehen. Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler betonte: "Grundlage für die Personalausstattung muss der Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten sein, das muss im Gesetz eindeutig formuliert werden.“