Die Krankenhausreform sollte Kliniken entlasten und die Versorgung verbessern. Doch Experten schlagen Alarm: Die Pläne der neuen Bundesregierung könnten das Gegenteil bewirken. Grünen-Politiker Janosch Dahmen spricht von einem „Abrissbagger“ für die Reform.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen hat vor einem Aufweichen der Krankenhausreform durch die Pläne der schwarz-roten Bundesregierung gewarnt. Die Situation der kleinen Grund- und Notfallkrankenhäuser auf dem Land werde sich damit weiter verschlechtern, sagte Dahmen im ARD-"Morgenmagazin".
Wegen der geplanten, umfangreichen Ausnahmeregelungen werde in Deutschland ein Flickenteppich entstehen, erklärte er. "Die Kosten für die Krankenhausausgaben werden weiter steigen, (...) und gleichzeitig sinkt die Qualität", sagte er. Sein Fazit: "Dieses Gesetz ist letztlich der Abrissbagger der Krankenhausreform und kein Fortschritt, sondern Rückschritt."
Reform trat bereits Anfang 2025 in Kraft
Die frühere Ampel-Koalition hatte die Krankenhausreform beschlossen. Der damalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) setzte sie gegen Proteste der Länder durch. Sie trat Anfang 2025 in Kraft und soll schrittweise bis 2029 umgesetzt werden. Das Netz der 1.700 Kliniken dürfte kleiner werden. Die Reform soll den Finanzdruck auf die Krankenhäuser mindern und mehr Spezialisierung bei komplexeren Eingriffen erreichen.
Nach dem Amtsantritt von Schwarz-Rot mit Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) einigten sich Bund und Länder darauf, die Reform nachzubessern. Warken hatte erklärt, es gehe darum, sie so anzupassen, dass sie wirke, aber auch alltagstauglich werde. Im Blick stehen sollen etwa längere Übergangsfristen und flexiblere Vorgaben für ländliche Regionen.
Viele Krankenhäuser sind in den roten Zahlen
Nach einer Ende August veröffentlichten Erhebung der Münchner Unternehmensberatung Roland Berger wird die Not der Krankenhäuser immer größer: Im vergangenen Jahr haben demnach drei Viertel der Kliniken Verlust geschrieben, von den öffentlichen Einrichtungen sogar knapp 90 Prozent. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren.
Unikliniken warnen vor Verzögerung
Der Ärztliche Direktor des Frankfurter Universitätsklinikums warnt ebenfalls vor Verzögerungen bei der Krankenhausreform. Es bestehe die Gefahr, dass das Großprojekt nach dem Regierungswechsel in Berlin "rückabgewickelt" werde, sagte Prof. Jürgen Graf: "Aus Sicht der Universitätsmedizin wäre das fatal."
Auch der Verband der Universitätsklinika Deutschlands sieht die dringend nötige Reform gefährdet. "Anstelle einer konsequent qualitätsorientierten und zukunftsfähigen Versorgungsstruktur droht eine Manifestierung kleinteiliger und ineffizienter Strukturen", so der Verband in einer Mitteilung.
Warken weist Kritik an Nachsteuerung bei Krankenhausreform zurück
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hat Kritik an den geplanten Nachsteuerungen bei der Krankenhausreform zurückgewiesen. "Wir haben gemerkt, dass sie so, wie sie war, nicht praxistauglich ist», sagte die CDU-Politikerin im ARD-«Morgenmagazin". "Die einen sagen, die Reform wird verwässert, den anderen geht sie nicht weit genug. Wir schaffen jetzt mit den Änderungen, dass die Reform tatsächlich umgesetzt werden kann vor Ort."
Warken wies darauf hin, dass man sich schon im Koalitionsvertrag auf entsprechende Schritte verständigt habe. "Aber natürlich setzen wir weiterhin auf mehr Qualität und mehr Bündelung von Leistungen. Und das wird auch nicht geändert, sondern dafür gibt es einfach nur etwas mehr Zeit", so die Ministerin.
Auf Dahmens Kritik angesprochen, sagte Warken, die Reform diene dazu, das System effizienter zu machen und Geld zu sparen. "Sie ist aber nicht die Sparkasse für unser Gesundheitssystem, sondern sie ist vor allem deswegen gemacht worden, um Qualität sicherzustellen, einheitliche Vorgaben zu haben, Leistungen und auch Personal zu bündeln." Es könne nicht mehr an jedem Standort jeder komplizierte Eingriff durchgeführt werden, weil zum Beispiel auch Personal fehle. "Da setzt die Reform an", so die Gesundheitsministerin.
dpa