Politiker und Praktiker kritisieren die Ankündigung Bayerns, auf Kontrollen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht vorerst verzichten zu wollen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bekräftigte heute in der Bundespressekonferenz: "Die Gesetze gelten. Aber dass sie von Ministerpräsidenten nicht umgesetzt werden, ist eine Botschaft, die schwer zu ermitteln ist." Die gestern Abend erhobene Forderung der CDU, die Impflicht vorerst ganz auszusetzen, bewertet Lauterbach als "sehr problematisch". CDU-Chef Friedrich Merz hatte dies gestern Abend damit begründet, dass die Bundesregierung nicht die Voraussetzungen für den Vollzug der Impfpflicht Mitte März geschaffen habe. Im Dezember hatten CDU und CSU dem sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat noch zugestimmt.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei keine Schikane gegen das Personal, betonte Lauterbach. Die Entscheidung sei von "völlig falsches Signal". Der Schutz der den Mitarbeitern anvertrauten und vulnerablen Menschen sei wichtiger als der Protest auf der Straße. "Als Arzt kann ich sagen: Es ist definitv nicht nachvollziehbar. Es kann nicht angehen, dass wir sagen, die Mitarbeiter in den Einrichtungen akzeptieren den westlichen Wissensstand nicht und sagen: Ich glaube nicht an die Impfung."
Zurückaltend äußert sich der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), Roland Engehausen, auf Anfrage von Bibliomed. "Das Gesetz gilt für die Kliniken. Wenn es eine verbindliche Umsetzungszeit gibt, um vorher einheitliches Vorgehen der örtlichen Gesundheitsämter im Vollzug sicherzustellen, ist dies gut."
Die Pflegedirektorin des Klinikums Oldenburg, Sabine Brase, bewertet den bayerischen Sondweg kritisch. „Wir halten an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht fest und setzen sie um", sagte sie gegenüber der Redaktion. "Unser Klinikum hat – wie viele andere Krankenhäuser auch – in der Pflege bereits eine sehr hohe Impfquote. Eine Verschiebung der Frist bringt aus meiner Sicht keine Vorteile." Man habe die Beschäftigten umfassend informiert und aufgeklärt. "Für die Krankenhäuser in und um Bayern herum dürfte der bayerische Sonderweg wenig hilfreich sein", so Brase.
Wenig Verständnis zeigt Arne Evers, Pflegedienstleiter im Joho Wiesbaden. In unserer neuen Podcastfolge bezeichnet er Söders Kehrtwende als "fatales Signal".