Krankenhausreformvorschlag

Lauterbachs Paukenschlag: Tagesbehandlungen für alle

  • Notfallversorgung
Lauterbachs Paukenschlag: Tagesbehandlungen für alle
Karl Lauterbach © BMG/Thomas Ecke

Ab Januar 2023 sollen Kliniken alle vollstationären Behandlungen als Tagesbehandlungen erbringen dürfen, abgezogen werden lediglich die Übernachtungskosten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht großes Einsparpotenzial bei Personal und Kosten.

Eine entsprechende Empfehlung hat die Regierungskommission, die das Gesundheitsministerium (BMG) berät, vorgestellt. Minister Lauterbach erklärte, dass sich sein Haus bereits mit der Umsetzung dieser Reform befasse, deshalb sei der Start im Januar durchaus realistisch. Die Tagesbehandlung soll wie eine DRG abgerechnet werden. Für die nicht anfallenden Übernachtungskosten soll das Relativgewicht (Bewertungsrelation) der DRG einfach pauschal um 0,04 pro entfallende Nacht gemindert werden. Das entspräche etwa einer Hotelübernachtung von circa 140 Euro, erläuterte Tom Bschor, Leiter der Regierungskommission. Bei mehrtätigen Tagesbehandlungen addieren sich die Abzugsbeträge. Bei einer viertägigen Tagesbehandlungen (3 Nächte) wäre die Minderung dementsprechend 0,12, so Bschor. Vergütet werden nur jene Tage, an denen ein Patient mindestens sechs Stunden im Krankenhaus ist und überwiegend medizinische oder pflegerische Leistungen erhält. Die Höhe des Abzugs wird auf maximal 30 Prozent der DRG gedeckelt, auch wenn die Tagesbehandlung über einen längeren Zeitraum geht. Die Regel soll für Privat- und Kassenpatienten gelten. Die Entscheidung zu einer Tagesbehandlung soll das Krankenhaus im Einvernehmen mit dem Patienten treffen. Um eine Umwidmung von Notaufnahmebehandlungen zu vermeiden, sind eintägige Tagesbehandlungen von notfallmäßig (das heißt ohne Einweisung) aufgenommenen Patienten nicht möglich. 

Hier geht's zum Download der Kommissions-Empfehlung

Lauterbach sieht Einsparpotenzial bei Personal und Kosten

Der Vorschlag lasse sich schnell umsetzen und sei gleichzeitig ein „Paradigmenwechsel“, erklärte Bschor bei der Präsentation der Empfehlung. Insgesamt hätten 25 Prozent der Krankenhausfälle das Potenzial, unter diese Regelung zu fallen, so Bschor. Als Beispiel nannte er die Onkologie. Krebspatienten werden immer wieder behandelt und liegen oft mehrere Tage im Krankenhaus, obwohl sie die Nacht eigentlich zu Hause verbringen könnten. „Es handelt sich um Fälle, die im Krankenhaus gemacht werden müssen, bei denen eine Übernachtung aber nicht zwingend ist“, bemerkte Lauterbach. Der Minister betonte, dass diese Neuerung "Personal, Kliniken und Kostenträger entlasten" würde. Personal lasse sich natürlich erst bei einer bestimmten Anzahl von Tagesfällen „freisetzen“, präzisierte Bschor. „Dieses Potenzial sehen wir aber ganz klar, zum Beispiel in der inneren Abteilung.“

Die Regierungskommission präsentiert ihren Reformvorschlag als Beitrag zur Bekämpfung der Personalknappheit in Kliniken. Sichergestellt werden müsse dabei, dass die Leistungsmenge im Zuge dieser Reform nicht ausgeweitet werde und die Kosten nicht höher als bisher werden, schreibt die Kommission. Die Kostenträger hätten dabei unverändert das Recht, über den Medizinischen Dienst prüfen zu lassen, ob bei einem Fall (mit oder ohne Übernachtung) die generelle Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung gegeben war (Prüfung der primären Fehlbelegung). Nach einem Jahr soll die Einführung der Tagesbehandlungen für alle anhand von InEK-Daten evaluiert und dann eventuell nachgesteuert werden – so der Plan. 

Zweite Reformstufe Hybrid-DRGS

In einer weiteren Reformstufe will die Regierungskommission prüfen, inwieweit „hierfür geeignete DRGs im Sinne von Hybrid-DRGs auch für die Erbringung im vertragsärztlichen Bereich geöffnet werden können“. Dabei sollen die Erfahrungen aus der ersten Reformstufe genutzt werden, um zu prüfen, welche Behandlungen in Betracht kommen und welche Qualitätsanforderungen niedergelassene Ärzte erfüllen müssten. Eine solche Hybrid-Vergütung solle in identischer Höhe unabhängig vom Ort der Leistungserbringung gezahlt werden.  

Bschor: Keine Verbindung zum AOP-Katalog

Mit dem aktuellen Projekt zur Erweiterung des Katalogs für ambulantes Operieren (AOP-Katalog) habe dieser Vorschlag nichts zu tun, versicherten Lauterbach und Bschor. „Bei den Tagesbehandlungen geht es um komplexe Fälle mit eher multimorbiden Patienten, die nur im Krankenhaus behandelt werden können“, sagte Lauterbach.

Lauterbach: "Resilient gegenüber Lobbygruppen"

Zum Schluss unterstrich Minister Lauterbach noch einmal: Sein Haus arbeite mit der "Besonderheit", dass es "sehr empfangsbereit ist, was die Wissenschaft betrifft – und sehr resilient gegenüber Lobbyinteressen" und dabei wies der Minister explizit auf die Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft hin.

 
 

Autor

 Jens Mau

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