Der Gesetzgeber hatte GKV, DKG und KBV beauftragt, ein gemeinsames Gutachten zur Reform des AOP-Katalogs (ambulantes Operieren) vorzulegen. Nun ist das 300-seitige Werk da.
Laut MDK-Gesetz sollte das Gutachten bereits Anfang des Jahres da sein – doch der Abstimmungsbedarf war zu groß. Das von Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG), GKV-Spitzenverband und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) beauftragte Iges-Institut musste in den vergangenen Wochen viele Änderungswünsche einweben. Dem Vernehmen nach waren sich DKG und KBV in vielen Punkten einig, Dissens bestand vor allem zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern.
Das Gutachten kann unter anderem hier heruntergeladen werden.
2.500 zusätzliche Leistungen möglich
Auftrag war es, den Stand der medizinischen Erkenntnisse zu ambulant durchführbaren Operationen zu erneuern und ein Konzept für eine Schweregraddifferenzierung abzuliefern. Letzteres könnte Grundlage für ein neues Preissystem werden. Das Iges-Institut hat dafür die rund 35.000 OPS-Kodes analysiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass sich davon 2.476 in den Katalog für ambulantes Operieren (AOP-Katalog) einfügen lassen. Die derzeitig im AOP-Katalog aufgeführten rund 2.500 Leistungen würden sich somit nahezu verdoppeln lassen. Allerdings, so schreiben die Autoren, sei diese Analyse aus Zeitgründen teilweise oberflächlich und ohne Konsultation der Fachgesellschaften entstanden. Vor allem die Einordnung der Daten war schwierig. Ein Beispiel: Die „Transösophageale Echokardiographie“ (TEE; Schluckecho) rechnen Leistungserbringer rund 500.000 Mal im Jahr ab. In welchen der Fälle es sich allerdings um ambulante Einzelleistungen oder den Teil einer größeren stationären Behandlung handelte, war aber für die Autoren nicht zu ersehen. Der Interpretationsspielraum für das ambulante Potenzial bleibt somit groß.
Stimmen zum Gutachten
Über die Gutachtenergebnisse sollen DKG, KBV und GKV-Spitzenverband nun beraten und dann entscheiden, welche Leistungen wann und unter welchen Voraussetzungen in den AOP-Katalog aufgenommen werden. Laut GKV-Spitzenverband legt das Gutachten nahe, dass ambulantes Operieren stark ausgeweitet werden kann. „Die aktuell möglichen ambulanten Operationen könnten um fast 2.500 verschiedene Leistungen ausgeweitet werden. Das entspräche 90 Prozent des bisherigen Leistungsumfangs“, so die Interpretation von Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes.
Etwas zurückhaltender drückt sich Michael Weber, Präsident des Verbands leitender Krankenhausärzte (VLK), aus: „Die Gutachter haben ein Modell vorgeschlagen, in dem für eine große Zahl von Eingriffen und Diagnosen primär mal die Möglichkeit der ambulanten Erbringung befürwortet wird. Das setzt hohe Anforderungen an die patientenindividuelle Beurteilung, um die Patientensicherheit zu gewährleisten. Die Verhandlungen der Selbstverwaltungspartner über eine entsprechende Vereinbarung werden anspruchsvoll. Ein Stufenmodell und Hybrid-DRGs für komplexere Fälle sind wohl die entscheidenden Lösungsansätze.“
DKG-Chef Gerald Gaß erklärte: „Durch den gewählten potenzialorientierten Ansatz bietet das Gutachten über die Empfehlungen zur Erweiterung des bisherigen AOP-Kataloges hinaus gute Ansätze, auf deren Basis ein Katalog stationsersetzender Leistungen für einen eigenen neuen klinisch-ambulanten Bereich definiert werden kann und bei dem die Krankenhäuser zukünftig nach medizinischen Aspekten selbst entscheiden, ob sie diese Leistung klinisch-ambulant oder stationär erbringen. Ein solcher klinisch-ambulanter Leistungsbereich an den Krankenhäusern kann ideal mit den im Koalitionsvertrag angesprochenen Hybrid-DRG vergütet werden.“