Die Diskussionen um SARS-CoV-2 und Covid-19 werden zum Teil so erbittert geführt, weil es bei der aktuellen Datenlage nicht um wissenschaftlich fundierte Wahrheit gehen kann, sondern um Werte. Werte helfen uns in unklaren, komplexen, unbekannten und überraschenden Situationen, das zu tun, was uns auch im Nachhinein das Gefühl gibt, das Richtige getan zu haben. Sie trennen für jede Wertegemeinschaft in "gut" und "schlecht". Für ein Unternehmen sind sie Gradmesser dafür, wie es sich in der Krise aufstellt – und damit auch ein Faktor, der über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Auch wir als Viactiv mussten uns fragen, was ist unser Wertekanon und trägt er uns durch die Krise? Welche Werte sind leitend, damit wir uns in der Pandemiezeit gegenüber unseren Versicherten und Partnern unterstützend und empathisch aufstellen?
Informierte Entscheidungen sind für mich die Leitplanken in der Coronakrise. Insbesondere in den sozialen Medien jedoch ist der Dunning-Kruger-Effekt aktuell in Reinkultur zu bestaunen: Die Überschätzung des eigenen Wissens und Könnens.
Auf Basis der Informationen aus Medien - bestenfalls gut recherchierter Wissenschaftsjournalismus, manchmal allerdings sogar bei Politikern aus der „Bild“ - werden angebliche Wahrheiten abgeleitet:
Neue Antikörperstudie? „Die Maßnahmen sind überzogen!“ oder „Die Öffnung kommt zu früh!“. Alles, ohne eine Vorstellung, was Prävalenz, Spezifität oder Sensitivität ist. „Hat ein Professor aus Stanford gesagt!“ ist per se kein Qualitätskriterium. Soweit möglich versuche ich immer die Originalpublikation und die dazugehörigen Diskussionen zu lesen. Wo sehe ich mich auf der Kurve der Erkenntnis? Meist im „Tal der Verzweiflung“. Denn trotz des Bemühens um informierte Entscheidungen ist klar: Viele wissenschaftliche Fragen zu den Risiken von Covid-19 und SARS-CoV-2 sind angesichts der unzureichenden Datenlage noch ungeklärt.
Und gerade wegen dieser Unklarheiten, sollten aus meiner Sicht Strategien gewählt werden, die nicht das Risiko erhöhen, dass Tausende von Menschen mehr sterben als mit anderen Strategien. Die Diskussion, dass es sich ja „nur“ um Ältere oder Vorerkrankte handelt, ist mit meinen Werten nicht vereinbar. Solche Diskussionen erschrecken mich. Wir würden diese Diskussionen so sicher nicht führen, wenn wir Zustände wie in Spanien, Frankreich oder gar Norditalien oder New York hätten.
Auch unser Weg zu einer „verantwortungsvollen Normalität“ in unserem Unternehmen wird von diesen Werten getragen. Deshalb werden wir unter ständiger Beobachtung, Bewertung und Einschätzung der Entwicklungen in der Corona-Pandemie auch weiterhin die Balance zwischen optimalem Service für unsere Kundinnen und Kunden sowie Schutz von Mitarbeitenden und Kund*innen suchen.