Corona-Tagebuch

"Nach der Schicht ist keiner zum Reden aufgelegt"

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"Nach der Schicht ist keiner zum Reden aufgelegt"

Vor fünf Wochen haben wir im Klinikum Kassel begonnen, uns auf Corona-Patienten vorzubereiten und waren dann auch sehr schnell startklar. Wir haben zunächst zwei separate Covid-19 Stationen eingerichtet – eine für Intensivpatienten und eine Normalpflege-Station. So konnten wir sicherstellen, dass Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind, streng getrennt von den anderen versorgt werden. Darüber hinaus haben wir Personal geschult und umgeschichtet, ausreichend Schutzkleidung besorgt, Pläne für weitere Eskalationsstufen entwickelt und den regulären OP-Betrieb um etwa ein Drittel runtergefahren  - und dann ließen die ersten Patienten auf sich warten­.

Wir waren zwar gut vorbereitet, aber in der Zeit hatte ich schon Respekt vor dem, was auf uns zukommen könnte. Würden wir ausreichend geschützt sein vor dem Virus? Würde sich Italien auch in Deutschland wiederholen? Wir haben dann erste Covid-19-Patienten aus Süddeutschland und Frankreich übernommen. Das Hessische Ministerium für Gesundheit und Soziales (HMSI) hat das Klinikum Kassel zum koordinierenden Krankenhaus ernannt. Das heißt: Wir sind im Versorgungsgebiet I Nordhessen für die Koordination und Sicherstellung der Versorgung von stationären COVID-19 Patienten zuständig. Inzwischen gibt es auch hier in der Region mehr Erkrankte, von denen einige auf der Intensivstation beatmet werden. In besonders schweren Fällen, wenn es zum Beispiel zu einem multiplen Organversagen aufgrund der Infektion kommt, können wir leider wenig tun. Aber wir haben auch schon Patienten wieder von unserer Intensivstation verlegen können und einige konnten entlassen werden.

Schutzkleidung ist unerlässlich, aber sie erschwert mitunter natürlich die Arbeit am Patienten. Wir bronchoskopieren die Patienten, machen also eine Lungenspiegelung oder legen einen Atemschlauch – und dabei bekommen wir durch die Atemmasken selbst wenig Luft, die Schutzbrillen beschlagen, man schwitzt in den Anzügen. Nach der Schicht im Pausenraum ist es deshalb oft erstmal sehr still, keiner ist zum Reden aufgelegt. Da es ein kräftezehrendes Arbeiten ist, haben wir die Schichtbesetzung noch mal verstärkt.

Der große Ansturm ist bisher ausgeblieben, vermutlich wird die Zahl der Erkrankten wieder steigen, wenn Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen gelockert werden. Wir gehen davon aus, dass wir das händeln können. Was dabei immer untergeht: Das Klinikum Kassel ist auch in Corona-Zeiten ein Maximalversorger. Der Krankenhausbetrieb läuft ja trotzdem weiter, Herz- oder Tumor-Operationen oder das Richten komplizierter Knochenbrüche können nicht aufgeschoben werden.    

Autor

Dr. Kolja Deicke

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