Die Kritik am Pflegebonus wächst. Gestern sickerten erste Details zu der Sonderzahlung durch: Insgesamt soll eine Milliarde Euro ausgeschüttet und zu gleichen Teilen an Pflegende in Krankenhäusern und Pflegepersonal der Altenpflege gehen. Bei den Krankenhäusern profitieren jene, die im vergangenen Jahr mehr als zehn Covid-Beatmungsfälle behandelt haben. Die Krankenhausträger der begünstigten Krankenhäuser sollen gemeinsam mit der Beschäftigtenvertretung über die Prämienberechtigten und die jeweilige Prämienhöhe entscheiden. In den Kliniken sollen die Prämien vorranging an Pflegende gehen, die für Pflege am Bett zuständig seien. Intensivpflegekräfte sollen zudem einen höheren Bonus erhalten.
Doch diese Zahlung allein reiche aus Sicht vieler Interessenvertretungen nicht aus. Generell wird die Initiative zur Prämienzahlung zwar begrüßt, grundsätzliche Probleme werden jedoch nicht behoben. So teilt der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) mit, dass ein nochmaliger Bonus die Teamleistung in den Kliniken anerkennen und daher grundsätzlich an alle Mitarbeitenden gehen sollte, die in der Pandemie Besonderes geleistet haben. Viele hochqualifzierte Mitarbeitende würden seit zwei Jahren am Limit arbeiten. Auch die DKG lehnte eine unterschiedliche Prämienhöhe für Pflegekräfte auf Intensiv- und Normalstationen ab. "Alle Beschäftigten im Gesundheitswesen haben ihren Teil dazu beigetragen, in der Pandemie die Versorgung und Pflege von Hilfsbedürftigen sicherzustellen", teilt auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft mit. Der veranschlagte Betrag sei viel zu gering, zudem erschließe sich aus Sicht der Gewerkschaft nicht, warum Beschäftigte aus der Behindertenhilfe, dem Rettungsdienst und Laboren oder auch Reinungskräfte in Krankenhäusern nach den derzeitigen Plänen keinen Bonus erhalten sollen.
Auch der Bundesverband Deutscher Privatkliniken mahnt, die Reha in den Bonus mit einzubeziehen. Dass Reha- und Vorsorgeeinrichtungen weder in dem Eckpunktepapier genannt sind noch beim beabsichtigen Corona-Steuerhilfegesetz erwähnt werden, müsse nach Auffassung des BDPK dringend korrigiert werden. Mitarbeitende in Rehaeinrichtungen würden wegen der Pandemie ebenso unter besonderer Belastung und Gesundheitsgefährdung stehen, wie Beschäftigte in den Krankenhäusern. "Es wäre ein schweres Versäumnis, wenn die Beschäftigten dieses wichtigen Versorgungsbereiches ausgeklammert werden", sagt BDPK-Hauptgeschäftsführer Thomas Bublitz. Dies gelte umso mehr, weil die Rehaeinrichtungen wohl noch kange Zeit für die Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen wichtig blieben. Der Verband kritisiert ebenfalls, dass nicht alle Krankenhäuser von dem Bonus profitieren. Diese "punktuelle Wertschätzung" würde wie ein "Spaltkeil für die Pflege" wirken.
Ebenso löse der Bonus nicht das grundsätzliche Problem der Krankenhausfinanzierung. Einmalzahlungen und Prämien würden die Arbeitsbedingungen nicht strukturell und nachhaltig verbessern, meint der Verband der Universitätskliniken. "Um die Lage der Beschäftigten in der Pflege und in anderen Berufsgruppen langfristig zu verbessern, muss sich die Krankenhausfinanzierung wie im Koalitionsvertrag vorgesehenen verändern", sagt Jens Scholz, 1. Vorsitzender des VUD. Immer mehr Unikliniken würden rote Zahlen schreiben, daher seien nun dringend Entscheidungen für notwendige Veränderungen in der Krankenhausplanung und Krankenhausfinanzierung zu treffen, so der VUD.