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Streit um Klinik-Atlas: Transparenz für Patienten oder unnötige Doppelstruktur?

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Streit um Klinik-Atlas: Transparenz für Patienten oder unnötige Doppelstruktur?
Während die CDU Doppelstrukturen kritisiert, fordert die SPD eine Weiterentwicklung des Portals. Fachverbände und Kliniken sind gespalten – zwischen Kritik an der Datenqualität und dem Ruf nach mehr Transparenz für Patientinnen und Patienten. © Getty Images | MirageC

Der Bundes-Klinik-Atlas, eingeführt von Ex-Minister Karl Lauterbach (SPD), steht auf dem Prüfstand. Während die CDU Doppelstrukturen kritisiert, fordert die SPD eine Weiterentwicklung des Portals. Fachverbände und Kliniken sind gespalten – zwischen Kritik an der Datenqualität und dem Ruf nach mehr Transparenz für Patientinnen und Patienten.

SPD: "Bundes-Klinik-Atlas" nicht abwickeln

Die mitregierende SPD ist gegen ein Aus für den "Bundes-Klinik-Atlas" zu Leistungen der Krankenhäuser in Deutschland. Es gehe darum, ihn "weiterzuentwickeln, nicht abzuwickeln", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Christos Pantazis, im Deutschlandfunk. Das Portal sei ein Projekt für mehr Patientensouveränität. "Damit sollte ja auch verhindert werden, dass Operationen in Häusern durchgeführt werden, die keine ausreichende Erfahrung oder Ausstattung besitzen."

Pantazis betonte: "Der Klinik-Atlas ist eine unabhängige Instanz." Das sei der entscheidende Unterschied zu einem bestehenden Verzeichnis der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat das 2024 von ihrem Vorgänger Karl Lauterbach (SPD) gestartete Vergleichsportal auf den Prüfstand gestellt. Dabei geht es um verschiedene Optionen. Warken hatte zugleich darauf verwiesen, dass "Doppelstrukturen" nicht effizient seien.

Verzeichnis der DKG weiterentwickeln

Der Bundes-Klinik-Atlas soll über Leistungen und Behandlungsqualität der 1.700 Krankenhäuser informieren – vorerst zu 26 Krankheiten. Zur Einordnung werden die Fallzahlen und die Personalausstattung in einer Tacho-Anzeige abgebildet. An dem Portal war von Beginn an Kritik von den Ländern, Fachgesellschaften und der Klinikbranche laut geworden, die ein eigenes Verzeichnis dazu anbietet.

Die DKG erklärte, ihr Verzeichnis sei "ein funktionierendes Portal, das bei den Bürgerinnen und Bürgern hohe Akzeptanz hat und genutzt wird". Es sei aktueller und umfassender als der Klinik-Atlas. "Das Portal kann nach politischen Vorgaben weiterentwickelt werden", sagte Verbandschef Gerald Gaß. Dazu schlage man vor, das Portal durch einen Beirat zu ergänzen, der die Weiterentwicklung begleite und die Unabhängigkeit gewährleiste.

Philippi für Abschaffung des Klinik-Atlas

Der niedersächsische Gesundheitsminister Andreas Philippi, hält das "Deutsche Krankenhausverzeichnis“ der DKG für eine "gute Alternative". Das Verzeichnis habe Patientinnen und Patienten bereits vor Einführung des Klinik-Atlas gut mit Informationen für die Auswahl von Krankenhäusern versorgt. "Der Atlas hat sich in der Praxis nicht bewährt. Wir haben uns bereits bei Einführung im vergangenen Jahr kritisch zum Klinik-Atlas geäußert, der einen erheblich bürokratischen Aufwand für die Kliniken und wenig Vorteile für Patientinnen und Patienten zur Folge hatte."

Haeske-Seeberg: "Fundiertes Konzept für Qualitätstransparenz"

Heidemarie Haeske-Seeberg, Leiterin Stabsstelle Qualitätsnetzwerke der Sana-Kliniken, hält die Abschaffung für eine richtige Entscheidung, aber es müsse "ein fundiertes Konzept für Qualitätstransparenz entwickelt werden, das möglichst breit auf vorhandenen Daten und Informationen basiert, die patientenverständlich und modern aufbereitet werden", schreibt sie auf LinkedIn. "Und natürlich muss die Entwicklung mit dem Qualitätsbericht verbunden werden, der in der gegenwärtigen Form als PDF altbacken und antiquiert ist", so Haeske-Seeberg weiter.

Ivančić: Keine Orientierungshilfe für Patientinnen und Patienten

"Die Akzeptanz des Klinik-Atlas war nie gegeben, die Datenqualität ließ zu wünschen übrig, wesentliche Bereiche fehlten", schreibt Mate Ivančić, CEO der Schön Klinik Group auf LinkedIn. Aktuell biete der Atlas nur noch Informationen zu rund 25 Eingriffen, wobei es sich dabei nicht um die häufigsten Behandlungen im Krankenhaus handelt. "Für Patientinnen und Patienten konnte er so keine verlässliche Orientierungshilfe sein und wurde zurecht immer weniger genutzt, wie die Zugriffszahlen zeigten." Umso bedauerlicher sei es, dass dafür "etablierte und geschätzte Angebote wie die Weiße Liste" eingestellt wurden und "erhebliche Mittel in die Entwicklung des Atlas geflossen sind, die an anderer Stelle sinnvoller hätten eingesetzt werden können", so Ivančić weiter.

Der Atlas bleibe weit hinter der ehemaligen weißen Liste zurück, kommentiert Patricia Klein, ehemals langjährige Ärztliche Geschäftsführerin der sächsischen Landesärztekammer. "Aber wir brauchen ihn!!! Wir brauchen eine unabhängige und transparente, für Laien verständliche Plattform."

Rümmelin: Ende längst überfällig

Auch aus Sicht der katholischen Krankenhäuser ist das Ende des Registers längst überfällig. "Er war von Anfang an vor allem ein politisches Instrument von Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach, um seine realitätsfremden Vorstellungen für die Krankenhausreform durchzusetzen", sagte die Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbandes, Bernadette Rümmelin, der Nachrichtenagentur KNA.

Sozialverband gegen voreilige Abschaltung

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) warnte davor, den Klinik-Atlas voreilig abzuschalten. "Patientinnen und Patienten brauchen unabhängige und leicht verständliche Informationen, um eine fundierte Entscheidung über ihre Behandlung treffen zu können", sagte Verbandschefin Michaela Engelmeier. Viel mehr als über eine Abwicklung zu diskutieren, müssten kontinuierlich die Funktionalität und Nutzbarkeit für Patienten beim Klinik-Atlas verbessert, Fehler korrigiert und Verbesserungspotenziale umgesetzt werden.

cs/dpa

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