„Wir werden der Pflege diesen berechtigten Wunsch nach der Einführung des Personalbemessungsinstruments PPR 2.0 erfüllen“, twitterte Gesundheitsminister Karl Lauterbach, nachdem er vor demonstrierenden Pflegekräften in Magdeburg gesprochen hatte. Damit beendete der Minister monatelange Spekulationen und einen aufgeheizten Diskurs darüber, ob das Bemessungsinstrument in seiner jetzigen Form zielführend ist. Durchaus bemerkenswert ist, dass die Beteiligten nicht aus dem Ministerium, sondern über die Sozialen Medien vom Go des Ministers erfahren haben. Die PPR 2.0 ist ein Gemeinschaftsprojekt der ungleichen Partner Verdi, Deutscher Pflegerat (DPR) und Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Krankenkassen hingegen lehnen das Instrument ab – auch Lauterbach zeigte sich bis zuletzt skeptisch.
Unstimmigkeiten im Lobby-Trio
Für Furore haben in der Diskussion mehrere Wortbeiträge geführt: Nach der Regierungsbildung hatte Kordula Schulz-Asche (Grüne) in der Klinikzeitschrift f&w eine schnelle Einführung und das Abschaffen der Pflegepersonaluntergrenzen (PPUG) angekündigt, der Deutsche Pflegerat hatte sich unmittelbar danach jedoch gegen eine Abschaffung der PPUG stark gemacht. Das gilt als erster Riss in der Allianz zwischen DKG und DPR. Die PPUG werden nun voraussichtlich erstmal bleiben. Noch in der Warteschleife steckt außerdem die Ausschreibung für ein neues (die PPR ersetzendes) Bemessungsinstrument, das 2025 an den Start gehen soll. Hier haben sich alle Beteiligten (Kassen-, Klinik- und Pflegelobby) auf ein Konsenspapier geeinigt, das noch beim Ministerium liegt. In der Diskussion um die genaue Ausgestaltung (die ein Forschungsinstitut machen soll) tritt vor allem bei der Frage nach dem „Quali-Mix“, den das Bemessungsinstrument abbilden soll, der Dissens zwischen DPR und DKG zutage. Während der DPR (ähnlich wie die Kassen) nur Pflegekräfte mit ein- oder dreijähriger Ausbildung abbilden möchte, will die DKG einen weiter gefassten Personal-Mix.
„PPR 2.0 schnell schrittweise ausrollen“
Wie und wann der Gesetzgeber die PPR einführt, ist noch offen. Auf dem DKG-Sommerfest Mitte Juni hatte Lauterbach angedeutet, dass die PPR 2.0 abteilungsspezifisch eingesetzt werden soll. Sein Haus arbeite derzeit an einer Umsetzungslösung. Für DPR-Chefin Christine Vogler ist Lauterbachs Entscheidung ein wichtiges Signal, „um die prekäre Situation der Pflegefachpersonen im Krankenhaus zu verbessern“. Sie betonte, es sei wichtig, „dass noch in diesem Jahr damit begonnen wird, die PPR 2.0 beispielsweise zunächst in den Kalkulationskrankenhäusern einzuführen und dann schrittweise in ganz Deutschland auszurollen. Ebenfalls müssen die Erwachsenen- und Kinder-PPR 2.0 sowie das intensivpflegespezifische Instrument INPULS zeitgleich eingeführt werden.“ Auch Verdi-Chefin Sylvia Bühler zeigte sich zufrieden: „Das ist ein ganz großer Schritt für mehr Personal und Entlastung im Krankenhaus.“ Als sicher gilt, dass die PPR einen Pflegebedarf ermitteln wird, der mehrere Milliarden Euro Mehrkosten für die Krankenhauspflege bedeuten würde.