Seit Pandemiebeginn glauben immer weniger Menschen in Deutschland, dass die Gesundheitsversorgung gut oder sehr gut funktioniert. Während im Sommer 2020 nach der ersten Coronawelle noch 78 Prozent für "gut" oder "sehr gut" stimmten, waren es im Mai dieses Jahres nur noch 62 Prozent. Die Ergebnisse stammen aus einer repräsentativen Follow-up-Befragung des Forsa-Instituts unter rund 2.000 Personen.
Der negative Corona-Einfluss zeigt sich auch bei der Frage nach der Zufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung. Diese lag 2020 noch bei 85 Prozent und nun bei 78 Prozent. Bei der Zufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung zeigten sich noch "vergleichsweise robuste Werte", bewertet die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, die Ergebnisse. "Allerdings müssen wir jetzt aufpassen, dass sich der Trend nach unten nicht fortsetzt." Offenbar würden sich verstärkt die Erfahrungen aus der zweiten bis vierten Coronawelle bemerkbar machen, denn der Abwärtstrend zeigt sich auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens (Zufriedenheitswerte zwischen 2020 und 2022):
- Hausärzte: von 79 auf 73 Prozent
- Krankenhäuser: von 77 auf 73 Prozent
- Fachärzte: von 58 auf 52 Prozent
- ambulante Pflegeeinrichtungen: von 55 auf 50 Prozent
- stationäre Pflegeeinrichtungen: von 51 auf 46 Prozent
"Anlass zur Sorge ist aus unserer Sicht die Tatsache, dass Personen mit pflegebedürftigen Angehörigen oder schlechtem Gesundheitszustand noch einmal deutlich unzufriedener sind", sagt Reimann. In dieser Gruppe wurde die medizinische Versorgung um 19 Prozentpunkte schlechter als beim Durchschnitt der Befragten bewertet, genau so wie die Gesundheitsversorgung speziell in der Coronapandemie. Nur 58 Prozent stimmten hier für "gut" oder "sehr gut".
In diesem Zusammenhang mahnt die AOK-Chefin mehr auf die Belange vulnerabler Gruppen zu achten. Es sei auffällig, dass die Zufriedenheit insbesondere bei sozial Schwächeren oder Personen mit schlechterem Gesundheitszustand deutlich abnehme. In der Wahrnehmung der Befragen lagen die Hauptprobleme vor allem in den verschobenen Krankenhausbehandlungen und überforderten gesundheitsämtern. Pflegende Angehörige nannten zudem die Mehrfachbelastungen durch das Wegbrechen der Hilfestrukturen und Dienstleistungen.
Schlechter bewertet wurde auch die Notfallversorgung. Nur noch zwei von drei Befragten hatten im Mai das Gefühl, dass diese funktioniert habe. 2020 waren es noch drei Viertel. Auch hier wurden die Probleme überdurchschnittlich häufig von Personen mit schlechtem Gesundheitszustand wahrgenommen.
Eine deutliche Verschiebung gegenüber 2020 zeigt sich auch bei den Angaben zu möglichen Lehren aus der Pandemie. So bejahen nur noch 34 Prozent, dass sich ein dezentrales Krisenmanagement bewährt habe. 2020 waren es noch 48 Prozent. Ansonsten gibt es weiterhin hohe Zustimmungswerte von jeweils weit über 90 Prozent zu den Aussagen, dass es eine flächendeckend gute Versorgung auch in ländlichen Regionen brauche, Pflegeangebote aufrechtzuerhalten sind und Gesundheitsberufe mehr Wertschätzung verdienen. Inzwischen gibt es noch mehr Zustimmung dafür, dass wirtschaftliche Fragen im Gesundheitswesen keine Rolle spielen dürfen (87 Prozent), insbesondere unter Personen mit schlechtem Gesundheitszustand (96 Prozent).