Pflegende und Ärzte sind Leistungsträger unserer Gesellschaft. Sie stehen rund um die Uhr hilfsbedürftigen Menschen zur Verfügung, greifen dort ein, wo andere wegsehen, und stellen Berufsethos oft genug über tarifvertraglich vereinbarte Arbeitszeiten. Von der Leistungsbereitschaft, Freundlichkeit, Menschlichkeit und Kompetenz der Mitarbeiter in Weiß hängt es ganz entscheidend ab, ob ein Krankenhaus Erfolg hat. Denn diese Kollegen sind es, die zuallererst, vor allem und zuallerletzt den Kontakt mit den Patienten und deren Angehörigen haben. Das alles verdient Lob und Anerkennung. Anerkennung aber wird in unserer Gesellschaft nicht zuletzt über Geld vermittelt. Und gemessen an der Belastung und der Leistungsstärke des medizinischen Personals ist – zugegeben – nicht jeder überbezahlt.
Mit Sicherheit würden die Krankenhäuser ihre Mitarbeiter gerne besser bezahlen. Aber auch die Kliniken haben wahrlich ihre Not. Sie sind eingezwängt in ein Budgetkorsett und in ein überreguliertes System, das eine leistungsgerechte Vergütung nicht ermöglicht. In der laufenden Tarifrunde kommt es also darauf an, einerseits den Beschäftigen die nötige Wertschätzung zu zollen, ohne das Krankenhaus zu überfordern, und dabei obendrein den Frieden im Hause nicht zu stören. Die zehnprozentige Lohnforderung der Ärzte in den kommunalen Krankenhäusern ist nach den üppigen Gehaltserhöhungen der vergangenen Jahre, den Arbeitszeitsenkungen und den tausenden von Neueinstellungen eine existenzgefährdende Überdosis.
Eine Lohnerhöhung solchen Ausmaßes ist überzogen. Darum sind die Kliniken gut beraten, nicht allein pekuniär für ihre Ärzte etwas zu tun. Das haben die Kliniken in großer Zahl auch begriffen. Wie unsere f&w-Kompass-Umfrage zeigt, verstehen die Krankenhäuser durchaus, differenziert zu bezahlen und mit der Bezahlung Anreize zu setzen. Die Gehälter sowohl für Oberärzte als auch für Chefärzte liegen von Krankenhaus zu Krankenhaus weit auseinander. Das ist ein Indiz dafür, dass zahlreiche Krankenhäuser, auch kleinere, ihre Chance erkannt haben, sich zu spezialisieren und damit im Markt zu behaupten. Zielvereinbarungen mit den verantwortlichen Ärzten werden künftig eher die Regel als die Ausnahme sein. Aber Ärzte kommen doch nicht allein des Geldes wegen an eine Klinik. Sie wollen Perspektiven haben. Das beginnt bei den jungen.
Erhalte ich als Abiturient ausschließlich aufgrund meines Notendurchschnitts eine Chance, den verantwortungsvollen Beruf eines Arztes zu erlernen, oder wird meine Gesamtpersönlichkeit in den Blick genommen? Wie steht es an einer Universitätsklinik um Forschung und Lehre, oder in welcher Zeit kann ich meine Weiterbildung als Arzt absolvieren? Ganz entscheidend, aber viel zu selten ehrlich und offen diskutiert, ist die Frage, wie eigentlich das Klima im Haus sei. Denn das entscheidet doch darüber, ob sich ein Mitarbeiter – also auch ein Arzt – wohlfühlt, ob er sich einsetzt, oder ob er nach einer Fluchtmöglichkeit Ausschau hält. Es geht darum, Aufgaben, Verantwortung und Lob zu teilen. Und es geht um den richtigen Ton im gegenseitigen Respekt voreinander. Lob, Anerkennung und Fairness sind mehr wert, als es in Geld zu messen wäre. An diesem Punkt tragen Ärzte für Ärzte Verantwortung. In Anlehnung an Kant und dessen kategorischen Imperativ möge sich jeder so verhalten, wie er selbst behandelt werden möchte oder in seinem Berufsleben auch früher behandelt werden wollte.