Vorstandschef Pföhler erwartet Ertragsplus
Der Klinikbetreiber Rhön-Klinikum sieht sich weiter auf Wachstumskurs und strebt im vierten Quartal erneut Ergebnissteigerungen an. Die Erfolge bei der Restrukturierung und beim Wachstum der übernommenen Kliniken seien jedoch durch überproportionale Preisund Tarifsteigerungen belastet worden, heißt es im jüngsten Geschäftsbericht. Der im M-Dax notierte Konzern rechnet für 2008 unverändert mit einem Umsatzwachstum auf 2,1 Milliarden Euro und mit einem Ergebnis von 123 Millionen Euro. Für das vierte Quartal 2008 geht der Konzern von weiteren Ergebnissteigerungen aus. Vorstandschef Wolfgang Pföhler bewertet das Ergebnis positiv. Jetzt will der Konzern die Verzahnung von ambulantem und stationärem Bereich ausbauen. Rhön will die Zahl der Patienten in den MVZ um 40 Prozent erhöhen (f&w sowie Die GesundheitsWirtschaft berichteten).
Von 2006 bis heute hat Rhön die Zahl der MVZ von sechs auf 20 mehr als verdreifacht. Für die Zukunft erwartet Pföhler weitere Privatisierungen im Klinikmarkt. Aktuell seien eine Hand voll Kandidaten am Markt, die man sich anschaue. So übernimmt Rhön zum 1. Januar 2009 die Wesermarsch-Klinik im niedersächsischen Nordenham. Das meldet die Nordwest-Zeitung. Der Klinik-Konzern zahle einen Kaufpreis von einer Million Euro und verpflichte sich, bis 2012 die Summe von 20 Millionen Euro in den Standort zu investieren. Die Hälfte dieses Investitionsbetrages müsse der Landkreis Wesermarsch aufbringen.
Die integrierte Wachstumsstrategie spiegelt sich ab Januar 2009 in einer veränderten Unternehmensstruktur der Rhön-Klinikum AG wider: Neben dem angestammten Geschäftsfeld der stationären Akutversorgung wird ein neuer Geschäftsbereich der ambulantstationären Grund- und Regelversorgung eingerichtet. Als Vorstand wurde der Arzt Dr. Christoph Straub bestellt. Der 47-Jährige kommt von der Techniker-Krankenkasse, wo er seit 2005 stellvertretender Vorstandsvorsitzender ist. Die kaufmännische Führung dieses neuen Geschäftsbereiches übernimmt Ralf Stähler als stellvertretender Vorstand. Der 40- Jährige ist derzeit Bereichsleiter MVZ im Klinikkonzern. Dr. Erik Hamann (38) werden als stellvertretender Vorstand die Abteilungen Finanzen, Investor Relations und Controlling übertragen. Dietmar Pawlik, seit 2006 Finanzvorstand des Konzerns, scheidet auf eigenen Wunsch und aus persönlichen Gründen zum 31. Dezember 2008 aus dem Unternehmen aus und bleibt ihm als Berater verbunden.
Vorstandschef Pföhler stellte sich f&w aus Anlass der Umstrukturierungen im Vorstand einem Interview, das wir im Folgenden veröffentlichen:
f&w: Lieber Herr Pföhler, Sie haben zur besseren Vernetzung von ambulant und stationär einen Arzt eingesetzt. Das hat es bei Rhön noch nie gegeben. Ist das nötig, um den Berufsstand der Ärzte zu befrieden, die seit geraumer Zeit offenbar nicht so gut auf Rhön zu sprechen sind? Ich denke da an das auffällige Verhalten der Ärzte in Miltenberg oder an die Vorwürfe, die in Marburg laut geworden waren. Denn eigentlich hat Ralf Stähler seinen Job doch gut gemacht.
Wolfgang Pföhler: Herr Stähler hat seinen Job sehr gut gemacht, und deswegen wird er stellvertretender Vorstand für den Bereich der ambulantstationären Grund- und Regelversorgung. Zu unserem Selbstverständnis gehört es, Gewohntes immer wieder in Frage zu stellen, um moderne Medizin voranzubringen. Wir sehen für die weitere Zukunft in der Überwindung der Sektorengrenzen den entscheidenden Hebel. Ganz klar, dass es eines intensiven Dialoges der Ärzte im stationären und ambulanten Bereich bedarf, um wechselseitig Vertrauen und Verständnis für neue Kooperationen zu schaffen. Das Wissen um unsere neuen Beteiligungsangebote und das Vertrauen müssen wachsen. Dafür wird Dr. Christoph Straub mit den Ärzten in unserem Klinikverbund die Brücken zu den niedergelassenen Ärzten bauen und für zukunftsweisende Zusammenarbeit werben.
f&w: Wann wird das Konzept, das Sie auf der Hauptversammlung im Sommer vorgestellt haben, erstmals Wirklichkeit werden?
Wolfgang Pföhler: Wir haben zunächst die inhaltlichen Eckpunkte gesetzt, um unser medizinisches Angebot zu erweitern. Jetzt geht es an die Umsetzung. Wir setzen die ersten Piloten auf und gehen Schritt für Schritt in die Umsetzung vor Ort.
f&w: Warum leisten die Ärzte gegen dieses Konzept so vehement Widerstand – und wie begegnen Sie dem?
Wolfgang Pföhler: Zunächst einmal erfahren wir von vielen Ärzten große Aufgeschlossenheit und deutlichen Zuspruch, gemeinsam über neue Wege der Zusammenarbeit nachzudenken. Ich bin mir mit ihnen einig, dass es darum geht, Freiräume in der Medizin zu erhalten, statt Grenzen zu zementieren. Uns geht es um eine Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen ambulantem und stationärem Bereich. Neue Ideen werfen immer Fragen auf und lösen Reibung aus: Nur so entsteht doch Fortschritt. Wir werden den Dialog über die neuen Kooperationsmöglichkeiten und attraktiven Arbeitsperspektiven für die Ärzte auf allen Ebenen führen.
f&w: Warum steht Rhön so oft in der Schusslinie?
Wolfgang Pföhler: Das sehe ich nicht so. Wir sind seit über 30 Jahren Innovationsführer im Krankenhauswesen. Immer wieder haben wir neue Meilensteine in der Patientenversorgung gesetzt. Innovationen stellen liebgewonnene Gewohnheiten in Frage. Wir müssen daher immer wieder aufs Neue Überzeugungsarbeit leisten. Mir war von Anfang an ganz klar: Neue Ideen auf den Weg zu bringen, ist das Bohren von dicken Brettern mit Augenmaß und Leidenschaft. Wir brauchen eine leidenschaftliche Diskussion über die gute Medizin von morgen – die haben wir angestoßen.
f&w: Wie langfristig wird Personalpolitik im Vorstand von Rhön betrieben. Wie lange begleitet Sie beispielsweise schon Herr Dr. Erik Hamann?
Wolfgang Pföhler: Mir ist es wichtig, gute Fach- und Führungskräfte mit im Boot zu haben – das ist eine besondere Herausforderung für die Zukunft. Für die ärztliche Fort- und Weiterbildung sowie für die Führungskräfteentwicklung haben wir die Weichen personell neu gestellt. Wir setzen auf Sachverstand von außen und innen. Mit Dr. Hamann haben wir uns in der Unternehmensfinanzierung bewusst für eine interne Nachfolge entschieden. Jemand, der das Unternehmen von innen kennt, ist eingedacht und steht für Kontinuität. Mich begleitet Dr. Hamann seit sieben Jahren.