Patientenmanagement in Mischhäusern

Ohne Papier geht’s besser

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  • Reha
  • 25.09.2018

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Ausgabe 10/2018

Seite 946

Die Klinik an der Weißenburg – Rheumazentrum und Reha-Klinik in einem – hat für ausgewählte Prozesse im Patientenmanagement Prozesszeiten vor und nach der KIS-Umstellung erhoben und miteinander verglichen. Das Ergebnis: In drei Bereichen lag das Einsparpotenzial bei 146 Stunden pro Jahr. Das entspricht 60 Prozent der zuvor dafür aufgewendeten Zeit. Die größte Zeitersparnis war in den Bereichen zu verzeichnen, die vor dem KIS-Wechsel mit Papier arbeiteten und nun digital. 

Die Klinik an der Weißenburg hat sich im Zuge einer Restrukturierung für einen Wechsel des KIS-Anbieters entschieden. Mit einem Rheuma-Zentrum als Fachkrankenhaus für Innere Medizin und Rheumatologie sowie einem Reha-Zentrum verschiedener Indikationen sind die funktionalen Anforderungen an ein KIS zur Abbildung der Mischhausstruktur besonders hoch. Das Projektteam der Klinik für den Bereich der Patientenadministration und -abrechnung vermutete verborgene Effizienzpotenziale im Prozess der Rechnungsbearbeitung. So entschloss sich die Klinik-Geschäftsführung zu einer Prozesszeitenanalyse. Diese dient grundsätzlich als Basis zur Optimierung von Prozessen. In der Patientenadministration standen zeitliche Einsparpotenziale im Vordergrund, um den Bereich quantitativ zugunsten anderer Aufgaben zu entlasten.

Als Hauptprozesse wurden die Aufnahmeplanung, das Abrechnungswesen sowie das Eigenanteilsmanagement identifiziert und daraus weitere Teilprozesse definiert, aus denen sich dann konkrete Prozessschritte ableiten. In den Tabellen 1 und 2 sind die jeweiligen Prozesse sowie die jährliche Anzahl an Vorgängen/Fällen je Prozessschritt, unterteilt nach Reha-Zentrum (Reha) und Fachkrankenhaus (Akut), dargestellt.

Es wurde hinsichtlich der Prozesszeitmessung zwischen Reha und Akut differenziert. Nur im Bereich der Rechnungsstellung im Eigenanteilsmanagement gab es keine Differenzierung, da hier die Prozesse identisch sind.

In der Prozesszeitmessung fanden nur Prozessschritte Berücksichtigung, für die Unterschiede durch die Einführung des neuen KIS-Systems zu erwarten waren, zum Beispiel durch den Wegfall papierbasierter Prozessanteile oder bessere Prozessunterstützung durch das System. Gemessen wurden ausschließlich direkt im Prozessschritt auftretende Prozesszeiten; Zeiteffekte in Folgeprozessen, zum Beispiel durch die elektronische (Nicht-)Verfügbarkeit von Informationen, blieben unberücksichtigt.

Vorausanfrage ohne Medienbruch

Im Jahr 2017 verzeichnete die Klinik an der Weißenburg im Reha-Zentrum 1.030 und im Fachkrankenhaus 1.069 stationäre Fälle. Die meisten Anmeldungen erfolgten per Fax, wobei der Anteil an Fax-Anmeldungen für eine Akutbehandlung höher ist (804) als für eine Anschlussheilbehandlung (AHB) im Reha-Zentrum (697).

In der Vergangenheit wurden telefonische Anmeldungen zur AHB (469) zunächst auf einem ausgedruckten PDF-Formular und zur Akutbehandlung (328) handschriftlich in einem Papier-Kalender erfasst. Die Datenerfassung im System erfolgte erst bei Annahme des Patienten, indem die Mitarbeiterin der Patientenaufnahme die Papier-Formulare selbst eingab, sodass ein späterer Zugriff auf die Daten mit zusätzlichem Aufwand für Suche, Übermittlung, Eingabe und Nachfragen zu teilweise unleserlichen oder unvollständigen Daten verbunden war. Dieser Aufwand entfällt durch die direkte Eingabe telefonischer Anmeldedaten im neuen KIS vollständig.

Planung mit Überblick

Sowohl AHB als auch Akutbehandlungen finden in der Regel kurzfristig statt. Die Planung des Aufnahmetermins und die vorläufige Bettenvergabe erfolgen nach freier Kapazität. Im bisherigen System gab es keinen stationsübergreifenden Überblick über die Kapazitätsauslastung, sodass zur Planung der Bettenvergabe Station für Station ausgewählt und freie Kapazitäten manuell beziehungsweise visuell gesucht und erfasst werden mussten. Das neue System bietet eine Stationsübersicht und eine Suchfunktion zum schnellen Finden und Zuweisen passender freier Kapazitäten.

Bei AHB spielen das Vertragsverhältnis mit dem jeweiligen Kostenträger, welches die geplante Verweildauer bestimmt, und die Bewilligung durch den Kostenträger eine planungs- und abrechnungsrelevante Rolle. In der Vergangenheit musste das entsprechende Vertragsverhältnis eigens aus einer Drop-Down-Liste ausgewählt werden, wobei diese Selektion zunächst keine Auswirkung auf die geplante Verweildauer hatte. Diese musste eine Kollegin der Patientenaufnahme aus dem Gedächtnis oder durch Nachschlagen bestimmen, was entsprechend fehleranfällig war. Im neuen KIS ist die Verweildauer gemäß den jeweiligen Vertragsverhältnissen vordefiniert und wird durch die Auswahl des entsprechenden Vertragsverhältnisses automatisch in der Planung der Verweildauer berücksichtigt.

Bewilligung dokumentiert

Spätestens einen Tag vor der Aufnahme erfolgt die endgültige Zuweisung von Zimmer und Bett und im Fall von AHB zusätzlich die Prüfung der Aufnahmeformalitäten, insbesondere das Vorliegen der Bewilligung des Kostenträgers. Die Erfassung von Bewilligungen der Kostenträger erfolgte früher primär in den (Papier-)Verwaltungsakten der Patienten; im alten System wurden nur Bewilligungen aus dem elektronischen Datenaustausch erfasst. Im neuen System wird gegenwärtig der Eingang der Bewilligung (später auch das eigentliche Dokument) dokumentiert. Dadurch entfällt das routinemäßige Nachschlagen in den Papier-Verwaltungsakten der Patienten; nur wenn der Eingang der Bewilligung nicht dokumentiert ist, müssen die Papierakten zur Kontrolle eingesehen werden.

Die Vorbereitung der Aufnahmen für den Folgetag in Form der Erstellung der Arbeitslisten für Anreisen erfolgt nach wie vor digital; Prozesszeitunterschiede resultieren also ausschließlich aus der Funktionalität und Prozessunterstützung der jeweiligen Systeme.

Effizient abgerechnet

Zur Erstellung der Arbeitslisten für Abrechnungsfälle nach Entlassung und Abreise mussten im alten System mehrere Menüpunkte durchlaufen werden, um eine Liste in Druckansicht zu generieren. Zusätzlich mussten Mitarbeiter gegebenenfalls die Papier-Verwaltungsakten der entlassenen Patienten von der Aufnahme anfordern und zur Abrechnungsvorbereitung nutzen. Im neuen System ist diese Arbeitsliste direkt und aktuell abrufbar.

Auch beim Erstellen der Rechnungen an Kostenträger liegen die wesentlichen Unterschiede in der Funktionalität und Prozessunterstützung des alten versus neuen Systems. So musste im alten System eine umständliche Menüführung durchlaufen werden, und die korrekte Erfassung der Tarifauswahl für AHB erforderte vom Bearbeiter die Kenntnis der umfangreichen Tarifliste. Außerdem musste man jede Rechnung einzeln pro Fall erstellen und drucken, da die Funktion „Sammeldruck“ nicht verfügbar war.

Neben einer erheblichen Verkürzung der Prozesszeit reduziert das neue System durch seine integrierte Tarifermittlung auch das Fehlerpotenzial bei der Rechnungserstellung, was im Zweifel einem Erlösverlust entgegenwirkt.

In der Abbildung sind die jeweiligen Prozessschritte und die resultierende Zeitdifferenz in Minuten und Prozent, unterteilt nach Reha-Zentrum (Reha) und Fachkrankenhaus (Akut), dargestellt.

Gemessen an der absoluten Prozesszeitersparnis in Minuten pro Jahr, haben am deutlichsten die Prozessschritte zur Erfassung telefonischer Anmeldungen und in der Rechnungsverarbeitung – sowohl gegenüber Kostenträgern als auch von Eigenanteilen – von der KIS-Umstellung profitiert. Im Prozess der Erfassung telefonischer Anmeldungen ergeben sich deutliche Effizienzgewinne, da papierbasierte handschriftliche Prozessschritte im neuen KIS entfallen. In der Rechnungsverarbeitung sind die Unterschiede primär systembedingt, vor allem durch eine bessere Menüführung und kürzere Systemlaufzeiten.

Deutlich geringer fällt die absolute Prozesszeitersparnis in der Prüfung des Vorliegens der Reha-Bewilligungen, der Erstellung von Anreiselisten und von Arbeitslisten für die Abrechnung aus. Allerdings liegt hier die relative Ersparnis zwischen 83 und 98 Prozent, verglichen mit dem Zeitaufwand vor der Umstellung.

Die deutlichsten Unterschiede zwischen Reha und Akut sind im Prozess der Vorausanfrage sichtbar: Während die direkte Eingabe der Daten für eine telefonische Anmeldung zur AHB (Reha) zu einer relativen Einsparung von 69 Prozent der Prozesszeit geführt hat, ist dieser Anteil mit 29 Prozent im Akut-Bereich deutlich niedriger. Das resultiert in erster Linie aus der größeren Datenmenge, die im Antrag zur AHB erfasst wird, während für eine Anfrage zur Akutbehandlung meist nur Name und Anschrift des Patienten, Einweiser und Krankenkasse erfasst werden.

Bei der Übernahme der Daten von Fax-Anmeldungen ins System zeigen sich deutliche Zeiteinsparungen für Akut-Fälle (49 Prozent), während AHB-Fax-Anträge durchschnittlich genauso lange dauern wie zuvor. Die Anwender begründen das mit der anfänglichen Komplexität der Eingabemaske für AHB-Anträge im neuen System und erwarten mit zunehmender Routine eine Verkürzung der Prozesszeit.

Positives Nutzer-Feedback

Jede Systemumstellung stellt auch eine Herausforderung für die Nutzer dar. Gewohnte Abläufe ändern sich, eine neue Nutzeroberfläche erfordert Eingewöhnung, und das neue System muss im laufenden Betrieb feinjustiert werden. Entsprechend fühlten sich die Nutzer bei der Programmeinführung anfänglich mit der erfassbaren Datenmenge und den Listenübersichten etwas überfordert. Auch die Erarbeitung der Grundstrukturen (Kostenträger, Bettendisposition, Anlage der Tarife und viele der Grundeinstellungen) wurde als aufwendig und zeitintensiv wahrgenommen.

Beim Arbeiten mit dem Programm erschlossen sich den Mitarbeitern jedoch schnell die Zusammenhänge der einzeln erfassten Grunddaten und Strukturen und auch die dadurch entstehenden Vorteile, wie Logikprüfungen zur Fehlervermeidung und Zeitersparnisse. Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase wird das neue KIS nun als übersichtlich und leicht zu handhaben empfunden. Das neue KIS aus Nutzersicht:

  • Durch die umfassende Datenerfassung bestehen vielseitige und übersichtliche Auswertungsmöglichkeiten; der Export in Excel ermöglicht eine weitergehende Bearbeitung.
  • Jeder Mitarbeiter kann sich seine Arbeitslisten individuell und einfach gestalten; das Filtern, Ein- und Ausblenden von Daten ist einfach und übersichtlich, sodass man sich leicht einen sehr guten Überblick verschaffen kann.
  • Die Überwachungslisten (Kostenübernahmekontrolle, Eigenanteile, Verweildauern) tragen erheblich zur Vermeidung von Fehlern und zur Kostensicherung bei.
  • Der Datenaustausch – speziell für die Reha – ist unkompliziert, übersichtlich und besser zu bearbeiten als im früheren KIS.
  • Das Eigenanteilsmanagement ist sehr übersichtlich.
  • Die Druckserverfunktion erspart sehr viele Klicks und Wege im Haus, denn Formulare werden automatisch bei bestimmten Arbeitsschritten an der entsprechenden Stelle ausgedruckt.
  • Die Bettendisposition und die damit verbundene Bettensuche ermöglichen durch zusätzliche Informationen, bei richtiger Datenpflege, eine sehr gute Übersichtlichkeit sowie schnelle Auskunftsfähigkeit gegenüber Kostenträgern und einweisenden Krankenhäusern.

Die Einführung des neuen KIS hat für die Klinik an der Weißenburg gezeigt, dass die Verlagerung von Prozessen ausschließlich in die EDV zu zeitlichen Einsparpotenzialen führen kann. Diese mögen in der Einzelbetrachtung zwar nur einen geringen Anteil an der täglich verfügbaren Arbeitszeit haben. In Summe jedoch tragen sie dazu bei, dass die Arbeitsverdichtung, beispielhaft im Patientenmanagement der Klinik, wirkungsvoll reduziert werden kann.

Darüber hinaus sind weitere Einsparpotenziale zu vermuten, die in dieser Prozessaufnahme nicht berücksichtigt sind. Hierbei sind vor allem Suchkosten zu nennen. Diese entstehen, wenn Mitarbeitende aus anderen Abteilungen auf bestimmte Informationen zugreifen müssen, die nicht zentral im System hinterlegt sind. Insbesondere im Reha-Bereich, aber auch im elektiven Akutbereich, sind Pflegekräfte auf den Stationen sowie behandelnde Ärzte auf Informationen zu geplanten Zugängen und aktuellen Aufnahmen angewiesen. Diese Informationen liegen nun vollumfänglich digital an allen Arbeitsplätzen in Echtzeit vor. Neben den zeitlichen Einsparpotenzialen besteht die Wahrscheinlichkeit einer Umsatzsteigerung, indem die Klinik Abrechnungsfehler vermeidet.

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