SBK-Vorständin Dr. Gertrud Demmler wünscht sich mehr Spielraum für neue Qualitätsverträge mit Krankenhäusern.
Frau Demmler, sind Sie für oder gegen die Abschaffung der DRGs?
Jedes Vergütungssystem hat Vor- und Nachteile. Das galt vorher für die tagesbezogene Vergütung genauso wie jetzt für die fallbezogene Vergütung, den DRG. Fakt ist jedoch, dass durch eine Abschaffung des DRG-Systems grundlegende Herausforderungen der Krankenhausfinanzierung nicht gelöst werden. Die DRG wurden aus meiner Sicht als Versorgungsgestaltungs- und Investitionsersatzsystem missbraucht. Das können sie niemals leisten. Anstatt nun über deren Abschaffung zu diskutieren, sollten wir uns auf die Frage fokussieren, wie wir eine stabile Finanzierung von Investitionen und unterschiedlichen Vorhaltekosten je nach Versorgungsauftrag sicherstellen können.
Wo besteht aus Ihrer Sicht der größte Handlungsbedarf bei einer Reform des Finanzierungssystems?
Eine stabile Investitionsfinanzierung habe ich bereits genannt. Darüber hinaus halte ich die Erweiterung der DRG um Pflege für einen zentralen Punkt, nur so wird Pflege zu einer erlösrelevanten Größe. Als Kassenvertreterin liegt mir ein dritter Punkt am Herzen: Ich wünsche mir eine neue, gestaltende Zusammenarbeit zwischen Kassen und Kliniken. Wir brauchen eine Kooperations- und Vereinbarungsebene zur konkreten Qualität und Versorgung in den Kliniken und nicht wie bisher die inhaltliche Auseinandersetzung in einer nachgelagerten Abrechnungsprüfung. Das würde ein Abrüsten auf beiden Seiten mit sich bringen und Ressourcen in Kassen und Kliniken für patientenrelevante Aufgaben freisetzen.
Wie bewerten Sie es, dass ausgerechnet die Länder über den Bundesrat nun eine Systemreform einfordern?
Den Ländern drückt aufgrund langjähriger Versäumnisse der Schuh. Am Ende ist es für die Patienten unwichtig, wie Bewegung in die Debatte kommt. Wichtig ist, dass endlich etwas in Bewegung kommt. Und die Lösung ist keine Bundesgießkanne. Wir brauchen einen Konsent darüber, welche Ziele wir mit der Reform erreichen wollen und mit welchem Verfahren wir dorthin kommen. Zentral ist für mich, dass dabei die Perspektive der Patienten und die Sicht der Beschäftigten relevanten Raum erhalten. Die Politik muss bereit sein, diese Perspektiven professionell einzubinden, und sie als handlungsleitend anerkennen. Wir brauchen Mut, neue Wege zu gehen, auch wenn es unbequem wird.
Dr. Gertrud Demmler ist Referentin auf dem DRG-Forum am 17. und 18. März in Berlin
Reformbaustelle Fallpauschalen | Das DRG-System vor der Generalsanierung
Referenten:
Dr. Edgar Franke, MdB, Parl. Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium
Dr. Gertrud Demmler, Vorständin SBK
Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende Marburger Bund
Prof. Dr. Boris Augurzky, RWI/Stiftung Münch
Prof. Dr. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender UKSH
Moderator/in: Dr. Andrea Grebe