Die Krankenhäuser in Deutschland stehen unter Druck. Investitionen werden zurückgestellt. Das zeigt sich auch in der Kreditvergabe. Enrico Meier, Direktor Markt bei der Bank für Sozialwirtschaft, im Gespräch mit f&w über die Lage am Krankenhausmarkt und die zukünftige Bedeutung von Nachhaltigkeit bei der Kreditvergabe.
Herr Meier, viele Krankenhäuser in Deutschland stehen derzeit mit dem Rücken zur Wand. Vier von zehn Krankenhäusern sollen nach einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts wegen der hohen Energiepreise von der Insolvenz bedroht sein. Wie gut können Sie noch schlafen?
Ich kann noch gut schlafen, aber natürlich schauen wir uns die Situation gut an und müssen sie einordnen. 2020 waren die Kliniken über den Coronarettungsschirm gut ausgestattet und hatten genügend Liquidität. Das Klinikmanagement hat auch sehr schnell und gut reagiert. Aber schon 2021 hat sich die Situation verändert. Die Rettungsmaßnahmen klangen aus und insbesondere durch das Ausbleiben von elektiven Eingriffen sind die Einnahmen zurückgegangen. Jetzt ist die Situation angespannt. Aber über die Kommunikation solcher Zahlen wird auch Druck auf das System aufgebaut. Ich begrüße sehr das Acht-Milliarden-Euro-Paket zur Klinikentlastung, das jetzt vom Gesundheitsministerium auf den Weg gebracht wurde. Wichtig ist hierbei, das Geld muss schnell und einfach bei den Krankenhäusern ankommen. Aber auch das Gesundheitsministerium glaubt, dass man eigentlich mit deutlich weniger Kliniken auskommt.
"Gleichzeitig sind etwa die Energiekosten je nach Krankenhaus zwischen zehn und dreißig Prozent gestiegen. Das verursacht bei einem Krankenhaus mit 250 Betten in etwa zwei bis vier Millionen Euro pro Jahr Mehrkosten."
Wie ist es denn aus Ihrer Sicht um die finanzielle Lage der Kliniken bestellt?
Wir sehen erste Klinikinsolvenzen, was es so in der Vergangenheit eher nicht gab. Es besteht ein großer Druck auf der Ertragsseite. Gleichzeitig sind etwa die Energiekosten je nach Krankenhaus zwischen zehn und dreißig Prozent gestiegen. Das verursacht bei einem Krankenhaus mit 250 Betten in etwa zwei bis vier Millionen Euro pro Jahr Mehrkosten. Die Energiekosten machen aber nur etwa zwei bis fünf Prozent der Sachkosten aus.
"In der Regelversorgung braucht ein Krankenhaus mindestens 400 Betten, um zu überleben."
Liegt aus Ihrer Sicht das Problem an einer anderen Stelle?
Seit zweieinhalb Jahren kommen die Krankenhäuser nicht mehr aus dem Krisenmodus heraus. Erst Corona, dann der russische Angriffskrieg, Energiekrise und jetzt Inflation. Gleichzeitig haben sie es mit einem Fachkräftemangel zu tun und einem hohen Krankenstand. Irgendwie sollen sie zwischendurch auch noch die Digitalisierung angehen und werden mit Budgetkürzungen bedroht, wenn sie dem nicht nachkommen. Die Ambulantisierung wird richtigerweise vorangetrieben, was allerdings auch heißt, dass diese Patienten eventuell dem stationären System verloren gehen. Die Idee des DRG-Systems war unter anderem auch, dass über Mehrerlöse auch Mehrerträge für Investitionen frei werden. Das ist aber so nie geschehen. Es ist also ein Bündel von Herausforderungen.
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BANK FÜR SOZIALWIRTSCHAFT AG
Die Bank für Sozialwirtschaft AG ist seit bald 100 Jahren Finanzpartner von Einrichtungen, Organisationen und Unternehmen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft in Deutschland. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege haben die Bank 1923 als Hilfskasse gegründet. Bei einer Bilanzsumme von 11,7 Milliarden Euro (Stand: 31. Dezember 2021) richtet sie sich ausschließlich an institutionelle Kunden aus der Sozial- und Gesundheitswirtschaft. Sie gehört zu den zehn größten Banken im Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).