Die Digitalisierung im Gesundheitswesen und insbesondere in Krankenhäusern nimmt ihren Lauf. Dazu trägt nicht zuletzt das Krankenhauszukunftsgesetz bei. Es sind jedoch auch die allgemeinen Trends der Digitalisierung im Privaten, die entsprechende Erwartungen und handfeste Forderungen im Bereich eHealth erzeugen. Aber geraten wir über diese Entwicklungen in einen Strudel – quasi in eine sich selbst steuernde Bewegung? Digitalisierung erzeugt Zwänge, das steht außer Zweifel: neue Software Releases, weitere Sicherheitsupdates, mehr qualifiziertes Personal, zusätzliche Schulungen und Key User, dazu noch die Einbindung der Patienten und ihrer Daten. Wohin geht diese Reise? Wird tatsächlich alles besser oder wird es nur mehr und noch komplizierter?
Dass Gesundheits-IT einen deutlichen positiven Effekt entwickelt, zeigt die internationale wissenschaftliche Literatur der letzten Jahre. Diese Effekte schlagen sich nieder in verbesserten Arbeitspraktiken wie mehr Screenings, weniger unnötige Verordnungen von Antibiotika sowie patientenzentrierte Ergebnisse wie beispielsweise Therapietreue und Rehabilitationen im Alltag. Dass diese Ergebnisse jedoch nicht vom Himmel fallen, zeigen Effekte, die in manchen Konstellationen auftreten, in anderen nicht. Es muss moderierende Faktoren geben, die für den Erfolg sorgen. Solche Faktoren sind nicht unbekannt. Dazu gehören die Beteiligung der Anwender genauso wie professionelle Prozesse rund um das Informations- und IT-Management. Und selbstverständlich eine interoperable Workflowintegration, um die klinische Informationslogistik sicherzustellen.
Typischerweise sind solche Faktoren in Listen aufgeführt und Rubriken wie technischen, sozialen, organisatorischen und rechtlichen Aspekten zugeordnet. Meist sind es aber so viele Faktoren, dass sie kaum zu einem Zeitpunkt zu erfüllen sind. Noch wichtiger ist, dass ihr Zusammenspiel unbekannt ist und man nicht weiß, in welcher Phase der Implementation welcher Erfolgsfaktor dominiert. Müssen die Anwender während der ganzen Projektzeit intensiv eingebunden sein? Reichen erste sogenannte „Quick wins“, wie zum Beispiel Zugänge zu wichtigen Daten, in der ersten Phase oder muss der Workflow bereits von Anfang an komplett interoperabel unterstützt werden? Gibt es Umgebungen, in denen die Erfolgsfaktoren anders wirken? Wirkt beispielsweise ein innovationsfreundliches Klima, das die gesamte Organisation seit Jahren durchzieht, bereits so vertrauensbildend, dass3esx die Anwenderbeteiligung nur sehr gezielt erfolgen muss?
Neben der Tatsache, dass diese Kenntnisse für die Wissenschaft von außerordentlichem Interesse sind, haben sie einen ganz praktischen Nutzen. In einer Welt von begrenzten Ressourcen müssen wir die internen Wirkmechanismen kennen, um die Mittel intelligent und sparsam einsetzen zu können. Natürlich kann eine Unternehmensstrategie richtige Prioritäten setzen. Nur was hilft eine Strategie, wenn ihr keine Evidenz zugrunde liegt?
Gefragt sind daher Wirkmodelle des Erfolgs von Gesundheits-IT, damit wir besser verstehen, was wir tun und tun sollen. Hier ist die Wissenschaft gefragt, sich an die Arbeit zu machen.