Die Debatte um die Level-1i-Häuser kommt zu früh. Viel wichtiger wäre es gewesen, die sektorübergreifende Versorgungsplanung anzugehen.
Das Level 1i scheint derzeit das Schreckgespenst der Krankenhausszene zu sein. Ist das noch ein Krankenhaus oder kann das weg? Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die Begeisterung für dieses Versorgungslevel noch sehr in Grenzen hält und keiner sich so richtig aus der Deckung traut, um mit stolzgeschwellter Brust zu sagen: „Ich mache künftig in 1i!“
Aber verdient das Level 1i tatsächlich so einen schlechten Ruf? Aus ökonomischer Sicht wahrscheinlich schon, weil „sachgerecht kalkulierte, degressive Tagespauschalen“ eher aufhorchen lassen als für Beruhigung zu sorgen. Insofern ist es verständlich, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) auch eine dauerhafte Investitionsförderung für dieses neue Konstrukt fordert.
Allerdings hat die Regierungskommission mit der Idee des Level 1i die Tür zu einer sektorübergreifenden Planung ein Stück weit(er) aufgestoßen. Es fehlte nur noch der Mut, sich in der dritten Stellungnahme neben den Krankenhäusern auch noch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zur Brust zu nehmen. Anders ist es nicht zu erklären, dass im Papier vorgeschlagen wird, die Level-1i-Häuser von einem paritätisch besetzten Gremium unter Beteiligung der Länder zu planen. Damit schafft man nur eine dritte Planungsebene und einen dritten Sektor. Ist das erstrebenswert? Wäre es nicht viel progressiver zu hinterfragen, ob der Sicherstellungsauftrag für die ambulante Versorgung bei den KVen noch richtig verortet ist, wo sich doch abzeichnet, dass die Ambulantisierung im Krankenhaus weiter an Fahrt aufnehmen wird? Müssen beide Sektoren nicht über kurz oder lang gemeinsam geplant werden, um Versichertengelder, aber auch fachliches Know-how ressourcenschonend einzusetzen? Sollten die Länder gegenüber dem Bund nicht auch auf die Planungshoheit im ambulanten Bereich pochen? Wo bleibt der Gestaltungsspielraum für die demokratisch legitimierten Vertreter, Gesundheitsversorgung vor Ort aktiv mitzugestalten, wenn die Zukunft ambulant ist?
Mitte April fand in Berlin das Rechtssymposium des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur sektorübergreifenden Versorgungsplanung im Lichte der Krankenhausreform statt. Dabei wurde deutlich, dass es zwar in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Versuche gegeben hat, den ambulanten und stationären Sektor besser miteinander zu verzahnen, man denke nur an die spezialfachärztliche Versorgung, die Belegärzte oder die Instituts- und Hochschulambulanzen. Doch zu einer Überwindung der Sektorengrenzen hat dies nicht geführt. „Tausendmal berührt, tausendmal ist nichts passiert“, wie Prof. Dr. Thorsten Kingreen treffend zitierte. Ob das Level 1i nun tatsächlich für das „Zoom“ – im 21. Jahrhundert wohl eher Smash – sorgt, dahinter kann ein großes Fragezeichen gesetzt werden.
Dem deutschen Gesundheitswesen scheint es mit den über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen an Agilität zu fehlen. Angesichts des demografischen Wandels und den damit verbundenen höheren Gesundheitskosten müssen wir uns fragen, ob wir unsere Strukturen nicht einer viel grundlegenderen Reform unterziehen müssen. Schließlich ist die Versorgung künftig auch noch digital. Daher kommt die dritte Stellungnahme inhaltlich zu früh. Viel wichtiger wäre es gewesen, die sektorübergreifende Versorgungsplanung an den Anfang zu setzen und dann die Versorgungsbausteine zu definieren. So wird das Pferd von hinten aufgezäumt und alle helfen mit.