An vielen Tankstellen findet man den Schilderdreiklang: Handynutzung, Zigarette rauchen und offenes Feuer, alles verboten wegen Brand- und Explosionsgefahr. Das Handy könnte beim Telefonieren herunterfallen und verschüttetes Benzin entzünden. Verbote der Handynutzung gab es auch im Krankenhaus: Mobilfunkstrahlung könnte den Betrieb medizinischer Geräte massiv stören und damit Patientenleben gefährden. Auch hier zeigt sich, wie nachhaltig einmal festgesetzte Annahmen verankert sein können. Denn zu der Anfälligkeit von Medizintechnik gab es kaum belastbare Studien. Entsprechend wurden die Verbote schon vor Jahren zurückgenommen.
Mit dem Wandel vom Handy zum Smartphone kamen neue Aspekte hinzu. Im Krankenhaus bergen besonders die Aufnahmefunktionen für Fotos und Videos Konfliktpotenzial. Da liegt das altbekannte Handyverbot wieder nahe. Die Durchsetzbarkeit gegenüber Patientinnen und Patienten ist dabei zumindest fraglich. Die eigentlichen Probleme entstehen allerdings bei den Beschäftigten, die – je jünger, desto schwieriger – kaum von der Nutzung ihrer Geräte abzuhalten sind. Es sollen Arbeitgeber existieren, die ein vollständiges Nutzungsverbot privater Smartphones am Arbeitsplatz durchsetzen. Allzu realistisch scheint das nicht. Während die Fachkraft mittleren Alters (selbstverständlich nur in der Pause) nachschaut, ob der Kindergarten sich gemeldet hat, löst die Abwesenheit des Smartphones bei Pflegeschülern innerhalb kurzer Zeit Entzugserscheinungen aus. Schließlich kann man jederzeit lebenswichtige Ereignisse auf Instagram und TikTok verpassen. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben: Ein Selfie in Dienstkleidung im Aufzug mag unproblematisch sein, der Videoclip auf TikTok aus dem Stationszimmer trägt aber schon mal Dienstplan, Stecktafel oder Patientenakte ins Internet. Dies führt schnell zu unschöner Presse, wie kürzlich ein Krankenhaus in Bayern leidlich erfahren musste.
Um eine Lanze für die Generationen Z und Alpha zu brechen: Es soll auch gestandene Ärztinnen und Ärzte geben, die kein Problem darin sehen, dem im Frei befindlichen Kollegen ein Patientenfoto aus dem OP per Whatsapp zu senden und um die geschätzte Meinung zu bitten. Eine Übersicht der Rechtsvorschriften, gegen die hierbei verstoßen wird, stellt der zuständige Datenschutzbeauftragte gern zur Verfügung. Auch hörte man schon von ganzen Stationen, die ihre Dienstplanung faktisch in einer Facebook-Gruppe organisieren.
Übrigens: Es gibt keinen belegten Fall eines Tankstellenbrandes aufgrund eines heruntergefallenen Handys. Warum? Die theoretische Gefahr, dass sich beim Herunterfallen eines Handys der Akku löst und dabei ein Funke entsteht, ist schon deswegen recht unwahrscheinlich, weil heutige Smartphones einen festverbauten Akku haben. Der klassische Verbotsreflex bei Gefahren, die man nicht richtig versteht, ist zwar nachvollziehbar, aber wenig sinnvoll. Smartphones und soziale Netzwerke sind für viele Menschen fester Bestandteil ihres Lebens. Daher sollten statt pauschalen Verboten sinnvolle und nachvollziehbare Verhaltensregeln zwischen Arbeitgeberinnen und Beschäftigten vereinbart werden, die dem Datenschutz und dem Berufsgeheimnis auf der einen Seite und der Lebenswirklichkeit der Beschäftigten auf der anderen Seite Rechnung tragen.