KI erkennt Tumore, spricht und wirkt empathisch – besitzt aber keine Empathie. Ursula Hübner ruft zu mehr Gelassenheit auf. Denn Denken, Fühlen und Sprache funktionieren in der KI-Welt anders als in der menschlichen Intelligenz.
Sprache wird als ein wesentliches Merkmal unseres Menschseins erachtet und ist eine Ausdrucksform unserer Intelligenz – der menschlichen Intelligenz. Intelligenz ihrerseits bildet in ihren verschiedenen Ausprägungen die Basis für viele erfolgreiche Dienstleistungen, Entwicklungen und Herstellungen von Produkten. Dies gilt auch für das Gesundheitswesen.
Obwohl künstliche Intelligenz (KI) schon seit vielen Jahrzehnten – auch in der Medizin – erforscht wird, kam hier der erste wahrnehmbare Durchbruch nach 2010. Gerade in der visuellen Medizin, wie beispielsweise der Radiologie oder Dermatologie, wurden Modelle auf großen Mengen von Bildern trainiert. Mit diesen Modellen – häufig auf Basis von künstlichen neuronalen Netzen – können beispielsweise Tumore erkannt werden. Seit dieser Zeit gibt es eine Art Wettlauf zwischen Mensch und Maschine. Und tatsächlich belegt eine Vielzahl von Studien, dass beide gleich gut diagnostizieren oder das Verfahren der KI besser abschneidet. Dann kamen die großen Sprachmodelle, wie ChatGPT, die mit generativen vortrainierten Transformern Texte generieren können. In einen Chatbot gepackt verführen sie zur Illusion durch Sprache – keine holprige Sprache, sondern eine durch Wahrscheinlichkeiten geleitete korrekte Ausdrucksform mit menschlicher Anmutung – eine echte KI.
Aber was ist eine KI? Verwenden wir diesen Begriff nicht schon in einer anthropomorphen Sichtweise? Da „sie schon spricht“, wird sie sicherlich bald laufen lernen und eine große KI werden. Wie cool ist das denn?
Und hier beginnen die Probleme: nämlich die unserer Haltung gegenüber Maschinen. Natürlich können KI-Modelle medizinische Experten in der diagnostischen Genauigkeit übertreffen. Vögel können auch besser fliegen als Menschen. Sie sind eben Spezialisten. Natürlich besitzen große Sprachmodelle die Fähigkeit, Empathie sprachlich zum Ausdruck bringen, dennoch besitzen sie keine Empathie. Sie werden auch nicht zur besseren Ärztin oder Psychotherapeutin. Das sind die Grenzen. In der KI-Welt sind Denken, Fühlen und Sprache nicht in der gleichen Art miteinander verwoben wie in der menschlichen Intelligenz.
Die Fähigkeiten der KI können wir uns trotzdem zunutze machen – als Werkzeuge, um menschliche Aufgaben zu erledigen. Darunter fallen beispielsweise das Screening großer Datenmengen, die Zusammenfassungen von Texten oder Dokumentieren und das Stellen von Anfragen, um Ideen in uns zu generieren. Die Anzahl und Komplexität dieser Aufgaben, in denen KI-Modelle die Patientenversorgung unterstützen, werden wachsen, genauso wie die Genauigkeit und Präzision. Den steigenden Risiken und ethischen Bedenken wirken einschränkende Rahmenwerke und Gesetze entgegen.
Bleiben wir deshalb auf der Erde, mit einer Portion wohlwollender Skepsis, und lassen uns nicht durch den ein oder anderen Marketingslogan aus dem Silicon Valley oder einer sonstigen irdischen Region aus der Bahn werfen. Denn Menschen bleiben Menschen und Maschinen bleiben Maschinen – mögen sie noch so viel babbele, wie man in Hessen sagt.