Der Start des Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) war mit großen Erwartungen verbunden. Zugleich gab es jedoch Zweifel, dass es ihm gelingen würde, was das Aqua-Institut in seiner fünfjährigen Tätigkeit für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in der Qualitätsmessung nicht vermochte: Qualitätsindikatoren zu entwickeln, die nicht nur methodisch korrekt sind, sondern auch von allen Akteuren akzeptiert werden. Derlei Zweifel sind berechtigt. So lange die Beteiligten im G-BA die gleichen sind und ihre Partikularinteressen so weit auseinander liegen, werden sie auch weiterhin das Rad immer wieder neu erfinden und auf das heftigste über die richtigen Qualitätsindikatoren streiten.
Die Folge: In Deutschland sind wir noch weit davon entfernt, den Patienten tatsächlich in den Mittelpunkt der Versorgung zu stellen und seiner Erfahrung eine Stimme zu verleihen. Tatsachlich wird aber nur eine Gesundheitsversorgung als gute Versorgungsqualität akzeptiert werden, die neben der Wirksamkeit und der Vermeidung von Schäden für den Patienten auch eine positive Patientenerfahrung sicherstellt („Ensuring people have a positive experience of care").
Die Ergebnisse der Qualitätsmessung sollen nun zur besseren Krankenhausplanung herangezogen werden. Deren Ziel ist nicht mehr ausschließlich eine „bedarfsgerechte", sondern zusätzlich eine „qualitativ hochwertige" sowie „patientengerechte" Versorgung der Bevölkerung. Unter „patientengerecht" wird dabei laut Gesetzgeber eine Versorgung verstanden, die sich „an den Wünschen der Patienten orientiert, auch für die Dauer ihrer Eingliederung in die Krankenhausorganisation und der medizinischen Behandlung als Personen mit individuellen Bedürfnissen wahrgenommen zu werden".
In der OECD-Qualitätsdefinition, in welcher der Patient bereits explizit erwähnt wird, wird der Qualitätsbegriff vor dem Hintergrund der Frage konkretisiert, welche Faktoren für die Leistungsfähigkeit eines Gesundheitssystems ausschlaggebend sind. Diese werden in den Kerndimensionen Effektivität, Sicherheit und Patientenzentrierung zusammengefasst.
Gute Patientenerfahrung besitzt sowohl eine ethisch-moralische wie auch eine ökonomische Nützlichkeitsdimension. Die Ergebnisse von zahlreichen Studien zeigen eindeutige Parallelen zwischen subjektiven Erfahrungsberichten zur Versorgung und objektiven Outcomes wie Mortalität, Infektionen, medizinischen Fehlern sowie der Adhärenz der Patienten. Um diese positiven Wechselwirkungen im deutschen Gesundheitssystem nutzen zu können, müsste die Perspektive aller Patienten und nicht nur einzelner Indikationen in die Evaluation von Versorgungsqualität integriert werden. In einem weiteren Schritt könnte die indikationsspezifische Messung der so genannten patientenrelevanten Outcomes (patient reported outcomes, PRO) erfolgen, um die spezifische Ergebnisqualität erfassen zu können.
Dass ein zweistufiges Vorgehen erfolgreich sein kann, zeigen die Erfahrungen anderer Länder. So findet sich zum Beispiel im britischen NHS Outcomes Framework 2014/15, in dem festgelegt ist, anhand welcher Dimensionen Qualität in der Gesundheitsversorgung zu messen ist, neben der Effektivität und der Sicherheit der Behandlung die Patientenerfahrung als explizites und den anderen gleichwertiges Kriterium.Es könnte der Diskussion hierzulande nicht schaden, die positiven Erfahrungen anderer Länder als Option ernsthaft zu prüfen und in einen deutschen Weg für die Qualitätsmessung zu integrieren.