Ein zentrales Element des Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VSG) ist das verbesserte sektorenübergreifende Entlassmanagement (EM). Mit der entsprechenden Neuregelung hat der Gesetzgeber den Handlungsrahmen der Krankenhäuser durch die zeitlich begrenzte Verordnung von Leistungen (u.a. Arzneimittel) und die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit erweitert. Der Versicherte hat nun gegenüber dem Krankenhaus einen Anspruch auf ein EM. Die erforderlichen Leistungen dürfen grundsätzlich für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet werden. Für Arzneimittel gilt davon abweichend, dass nur die jeweils kleinste Packung nach der Packungsgrößenverordnung per Entlassrezept verordnet werden kann. Die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts der Krankenhäuser obliegt dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in den jeweiligen Richtlinien.
So unbestritten begrüßenswert die Initiative des Gesetzgebers zur Etablierung eines verbindlichen EM für den Versicherten ist, so schwierig wird die wirksame Umsetzung der vielen bürokratischen Regelungen in der täglichen klinischen Praxis sein. Einen Vorgeschmack hierzu bietet die vom G-BA am 17. Dezember 2015 beschlossene Arzneimittelrichtline zum EM: „Die durchgehende Versorgung eines Versicherten mit Arzneimitteln nach dem Krankenhausaufenthalt ist sicherzustellen. Vor einer Verordnung von Arzneimitteln hat das Krankenhaus zu prüfen, ob für die Versorgung des Versicherten mit Arzneimitteln unmittelbar nach der Entlassung eine Verordnung erforderlich ist."
Die Prüfung, ob eine Verordnung für die Versorgung unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, umfasst laut G-BA sowohl medizinische als auch organisatorische Aspekte. „Sofern auf die Entlassung des Versicherten ein Wochenende oder Feiertag folgt, kann die Sicherstellung auch durch die Mitgabe der für die Versorgung erforderlichen Arzneimitteln nach § 14 Abs 7 ApoG (Gesetz über das Apothekenwesen) erfolgen. Dabei ist die Mitgabe nach § 14 Abs. 7 ApoG insbesondere dann vorrangig, wenn die medikamentöse Behandlung durch die Reichweite der mitgegebenen Arzneimittel abgeschlossen werden kann."
Ein standardisiertes multidisziplinäres EM erfordert das Zusammenwirken vieler Berufsgruppen: Ärzte, Pflegepersonal, Sozialdienst, Krankenhausapotheker und weiteren am EM Beteiligten. Die Herausforderungen für die Krankenhäuser sind entsprechend hoch. Arzneimittel-Verordnungen müssen mit einer von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zertifizierten Software in den klinischen Bereichen durchgeführt werden, zu den äußerst komplexen Verordnungsvorgaben müssen ggf. hunderte von Klinikärzten pro Klinikum entsprechend geschult sein. Die Information des weiterbehandelnden Arztes sieht zwingend einen strukturierten Entlassbrief inkl. umfangreichen Informationen zur Medikation des Patienten und optimaler Weise einen patientengerechten Medikationsplan (BMP) vor.
Der ursprünglich bis zum 31. Dezember 2015 vorgesehene Abschluss einer dreiseitigen Rahmenvereinbarung zur Regelung weiterer Einzelheiten zwischen Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG), Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband (GKV-SV) steht weiterhin aus. Eine Vornahme von Verordnungen im Rahmen des EM ist somit derzeit noch ausgeschlossen. Zum Nutzen einer bedarfsgerechten, kontinuierlichen Versorgung des Versicherten im Anschluss an die Krankenhausbehandlung bleibt zu hoffen, dass es zukünftig gelingen wird, den Patientenbedürfnissen besser zu entsprechen. Im Bereich der nahtlosen Arzneimittel-Versorgung gemäß GKV-VSG wird dies aufgrund der komplexen Rahmenbedingungen eine sehr ambitionierte Aufgabe sein.