Orientierungswert von Christoph Radbruch

Abschaffung der DRG - und dann?

  • Orientierungswerte
Abschaffung der DRG - und dann?

14-mal werden wir noch wach, dann liegt der Vorschlag der Regierungskommission für die Überwindung des DRG-Systems auf dem Tisch. Das hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf dem Krankenhaustag am 14. November in Düsseldorf versprochen. Wie die Kinder auf den Weihnachtsmann warten Länder, Selbstverwaltung und die Fachöffentlichkeit auf die kommende Bescherung. Alle Fehlentwicklungen vom Fachkräftemangel bis zur Mengenausweitung werden dann korrigiert. So jedenfalls das Versprechen.

Mancher erhofft sich von der vom Bundesgesundheitsminister versprochenen „Entökonomisierung“ paradiesische Zustände, in denen Ressourcen keine Rolle mehr spielen. Aber da die Ressourcen begrenzt sind, werden auch im Gesundheitswesen in Zukunft ökonomische Faktoren wichtig sein: Schon der uralte Mythos der Vertreibung aus dem Paradies wusste, dass wir viel Schweiß vergießen müssen, um das tägliche Brot zu bekommen. Wir können nur das Geld ausgeben, das von den Beitragszahlern erarbeitet worden ist. Deswegen ist der wirtschaftliche Umgang mit Ressourcen aller Art ethisch geboten. Er ermöglicht, dass auch andere an diesen Ressourcen Anteil haben können. Das Wirtschaftlichkeitsgebot wird auch bei einem Finanzierungssystem auf neuem Sockel das Fundament bleiben.

An seine Grenzen kommt das DRG-System, wenn in bedarfsnotwendigen Kliniken die Fallzahlen nicht ausreichen, um die Fixkosten zu finanzieren. Das kann vor allem bei versorgungsrelevanten Krankenhäusern in ländlichen, dünn besiedelten Gebieten der Fall sein. Dann ist es sinnvoll, die bisherigen Sicherstellungszuschläge durch zielgenauere, auf den einzelnen Leistungsbereich bezogene Lösungen zu ersetzen. Ohne das DRG-System grundsätzlich infrage zu stellen, wären hier schnelle Lösungen möglich. 

Die Einführung von Vorhaltekosten, um außergewöhnliche Schwankungen in den Fallzahlen auszugleichen oder den Mengenanreiz zu verringern, wird hoffentlich nicht übers Knie gebrochen. Einfach einen bestimmten Prozentsatz – im Gespräch sind 25 Prozent – aus dem DRG-System herauszulösen und undifferenziert als Vorhaltekosten an die Krankenhäuser umzuverteilen, wird unberechenbare Folgen haben. Die Kriterien für die Verteilung sollten sorgfältig erarbeitet werden. Denn Kostenunterschiede zwischen Regionen oder unterschiedlichen Versorgungsstufen werden zwar vermutet, basieren aber zurzeit eher auf anekdotischer Evidenz als auf der Auswertung von Daten. 

Überraschende Erkenntnisse bieten zum Beispiel die Kosten für den ärztlichen Dienst: Nach Ausgliederung der Pflege ist dies wohl der relevanteste Parameter für Vorhaltekosten. Eine Auswertung der Daten des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2019 ergibt, dass die durchschnittlichen Arztkosten im Land Brandenburg um 13.000 Euro höher waren als in Berlin. Obwohl das Leben in ländlichen Regionen oft günstiger ist als in Großstädten und der Landesbasisfallwert 2019 in Berlin um drei Euro höher ist als in Brandenburg. Auch die Uniklinken in der Spitze der Versorgung haben wesentlich geringere durchschnittliche Kosten für den ärztlichen Dienst als andere Plankrankenhäuser. Vor einer Einführung von Vorhaltekosten müssen daher evidenzbasierte Kriterien erarbeitet werden. Ein Weg könnte der Auftrag an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) sein, die Kostenstrukturen der Versorgungsstufen oder Leistungskomplexe zu analysieren und regionale Unterschiede einzubeziehen.

Autor

 Christoph Radbruch

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Mit unserem täglichen Newsletter informieren wir bereits rund 10.000 Empfänger über alle wichtigen Meldungen aus den Krankenhäusern und der Gesundheitsbranche

Kontakt zum Kundenservice

Rufen Sie an: 0 56 61 / 73 44-0
Mo - Fr 08:00 bis 17:00 Uhr

Senden Sie uns eine E-Mail:
info@bibliomedmanager.de

Häufige Fragen und Antworten finden Sie im Hilfe-Bereich