Medizintechnikindustrie

Bei Patentzulassungen spürbar abgerutscht

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Bei Patentzulassungen spürbar abgerutscht
© Getty Images/Dmitrii Kotin

Deutschlands Medizintechnikbranche ist noch Weltklasse. Die Betonung liegt auf „noch“, wie der Industrieverband BVMed in einem Pressegespräch unterstrich. Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Standort weltweit vor Japan und China, 250.000 Menschen arbeiten hierzulande in der Branche (inklusive Home Care).

Die Medtech-Unternehmen melden pro Jahr 15.000 Patente an – allerdings ist Deutschland in dieser Kategorie auf Platz sechs abgerutscht hinter Japan und Brasilien. Für die Branche bleibt der europäische Zulassungsprozess das Problem Nummer eins – noch vor aktuellen Entwicklungen wie Lieferkettenengpässe, Inflation oder Ukraine-Krieg.

MDR ist großer Nachteil

Die vor Jahren novellierte europäische Zulassungsverordnung (MDR) sei mittlerweile ein riesiger Standortnachteil, so BVMed-Vorstandsvorsitzender Meinrad Lugan. „Viele Forschungsprojekte streben keine MDR-Zulassung mehr an.“ Stattdessen favorisieren 89 Prozent der Medtech-Firmen laut einer BVMed-Umfrage die US-amerikanische FDA-Zulassung. Ein Warnsignal sei, dass die Schweiz die FDP-Zulassung anerkennen will. „Europa verliert den Anschluss als Innovationsstandort“, warnt Lugan. Auch Toptalente ins Land zu holen, werde zunehmend schwierig. 

Der Verband fordert ein schnelles zwischen den Ressorts Gesundheit, Wirtschaft und Forschung abgestimmtes Maßnahmenpaket – außerdem eine „beauftragte Person der Regierung“ für die gesamte Gesundheitswirtschaft. Es müsse eine „Entbürokratisierungsoffensive“ auf allen politischen Ebenen geben, allen voran in Brüssel. Zu häufig fielen Änderungen im Prozess oder am Produkt in die MDR-Kategorie „Significant change“ und ziehen dann eine aufwändige, teils Jahre dauernde Rezertifizierung nach sich. Aber auch das Bewertungsverfahren des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) sei untragbar, dauere teilweise fünf oder sechs Jahre, so der Verband. 

Das Problem mit russischem Titan

Die Sanktionen gegen Russland beeinflussen das Geschäft der Branche noch nicht gravierend. Sechs bis zehn Prozent des Umsatzes machen deutsche Medtech-Unternehmen in der Regel mit dem größten Land der Welt. Derzeit bedienen viele Firmen noch Altaufträge, die in der Corona-Zeit liegen geblieben sind. Allerdings machte BVMed-Geschäftsführer Marc-Pierre Möll auf ein anderes Problem in Zusammenhang mit Russland aufmerksam. „Bisher haben Unternehmen den wichtigen Rohstoff Titan häufig aus Russland bezogen. Wenn diese Unternehmen das Titan nun in Kanada kaufen, müssen sie ihr Produkt rezertifizieren.“ Denn diesen Wechsel wertet das europäische Zulassungssystem als „Significant Change“.

Chat-GPT: Viel Gesprächsbedarf in der Branche

Die aktuelle Diskussion um Künstliche Intelligenz (KI) sorgt in der Medtech-Branche derweil für Gesprächsstoff, wie Vorstandsvorsitzender Meinrad Lugan unterstrich. „Ich kenne kein Unternehmen, das nicht eine Arbeitsgruppe zu dem Thema hat.“ Ganz kurzfristig könnten beispielsweise Bedienungsanleitungen, die in viele Sprachen übersetzt werden, mit KI-Tools einfacher erstellt und angepasst werden. „Auch die Analyse von Nutzerverhalten könnte kurzfristig schneller gehen“, so Lugan. Außerdem werde KI mittel- bis kurzfristig auch die Softwareentwicklung für Medizintechnik verändern, glaubt der BVMed-Vorstandschef. 

Autor

 Jens Mau

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