Eine neue Generation von Pflegekräften prägt die Profession mit Fachwissen, Selbstbewusstsein und politischer Präsenz. Gleichzeitig verändert sich das gesellschaftliche Verständnis von Pflege – nicht nur im Beruf, sondern auch im Alltag. Arne Evers zeigt das an drei Entwicklungen.
Eine neue Generation Pflege bahnt sich an. Dafür gibt es drei Gründe.
Erstens: Die aktuelle Generation Pflege ist vielfach an der Spitze von Verbänden, Vorständen, Präsidien, Pflegedirektionen und so weiter mit Frauen besetzt, die viel deutlicher eine klare Meinung äußern, eine sehr hohe Fachkompetenz aufweisen sowie eine sehr klare Auffassung darüber haben, was professionelle Pflege ist und wie Pflege wirken kann. Sie sind auch medial präsenter und werden vonseiten der Landes- sowie Bundespolitik als kompetente Ansprechpartnerinnen einbezogen.
Dies kann man auch als Entwicklung und Notwendigkeit angesichts der Herausforderungen in der Gesundheitsbranche sehen. Ich will damit nicht sagen, dass die vorherige Generation “schlechter” gewesen ist – diese ist ein Wegbereiter. Zur Wahrheit gehört auch, dass die heutige Nutzung von Social Media viel mehr Möglichkeiten bietet, sich kundzutun. Aber damit allein ist es nicht getan: Für Veränderung und eine selbstbewusste Generationenprägung braucht es auch die dazu passenden Vorbilder an der Spitze. Dabei ist es nicht das Ziel, die „Next Florence Nightingale“ zu finden oder zu sein, sondern vielmehr diese Verkörperung der Professionalisierung auf viele Schultern zu verteilen und darüber sozialisierend zu wirken – unabhängig vom Geschlecht: für die Profession Pflege und eine neue, selbstbewusste Generation Pflege.
Menschen werden von Pflege häufiger betroffen sein
Für die zweite Begründung will ich den Begriff “Generation Pflege” etwas umdrehen: In Zukunft werden vielfach auch jüngere Menschen mit “Pflegebedürftigkeit” von Angehörigen konfrontiert werden. Es ist zu kurz gegriffen, dass aufgrund eigener Erfahrung mehr Personen in den Beruf Pflege finden. Sehr wohl ist aber diese “von Pflege geprägte Generation” auf eine gute Versorgung auch im gesellschaftlichen Sinne angewiesen. Hier wird es also vermutlich ganz von allein eine Sozialisation dieser Generation geben, die eventuell zur Folge haben wird, dass ein Aufwertungswunsch oder eine größere Selbstständigkeit der Profession Pflege einhergeht – schlicht, um die künftigen Erfordernisse zu bewältigen.
Die dritte Begründung für die Eingangsthese ist noch etwas unscharf, denn sie setzt voraus, dass die drei angekündigten Pflegegesetze – Pflegeassistenz-, Pflegekompetenz- und das „Advanced Practice Nursing-Gesetz“ – tatsächlich umgesetzt werden. Dabei sind die Inhalte des Gesetzes wesentlich. Für die Generationenbildung erscheint mir aber auch ein anderer Aspekt wichtig: eine durchlässige Bildungsstruktur. Gemeinsam mit dem Pflegeberufegesetz entsteht eine Bildungsarchitektur, die in Verbindung zum Beispiel mit Vorbehaltsaufgaben oder dem noch zu entwickelnden „Scope of Practice“ das Wesen der Pflege und dessen Aufgaben sektorenübergreifend viel besser strukturiert als heute. Wissenschaftliche Arbeiten wie das BAPID-Modell greifen dies bereits auf und zeigen: Wer sich in der Pflege entwickeln möchte, der kann das tun. Gerade beim Buhlen um Auszubildende und Studierende mit vielen anderen Berufen ist dies eine gute Entwicklung.
Bleibt festzuhalten: Es geht voran in der Professionsentwicklung – mit pflegerischer Gesetzgebung, nicht von allein aber aufgrund einer stärkeren gesellschaftlichen Forderung und mit Vorbildern. Das ist überaus motivierend, sich weiter zu engagieren.