Gerald Gaß richtete auf der Jahrespressekonferenz der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) einen Appell an die zukünftige Bundesregierung: „Die Krankenhausplanung muss sitzen, wir haben keine zweite Chance.“
Damit meinte der DKG-Vorstandsvorsitzende, dass sich die Planung nach Leistungsgruppen eng am Modell von Nordrhein-Westfalen (NRW) orientieren solle. Die vom Bund geplante Vorhaltepauschale, die weitere Leistungsgruppen erfordert, sei untauglich. „Sie ist ein falsches Versprechen, denn sie hilft weder den kleinen Krankenhäusern aus der finanziellen Bredouille noch schafft sie mehr Spezialisierung.“ Gleichwohl zwinge sie die Länder in ein schier nicht zu erfüllendes Terminkorsett.
Nach Vorgabe der Krankenhausreform (KHVVG) soll die Finanzierung ab 2027 teilweise auf die Pauschalen umgestellt werden. Das hieße, die Bundesländer müssten bis Mitte 2026 ihre neue Planung abgeschlossen haben, um die Daten rechtzeitig für die Berechnung der Pauschale ans Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zu senden. In dieser Zeit müssten die Länder das System rechtssicher definieren, mit den Trägern in Verhandlung treten, das Landeskrankenhausgesetz ändern und die Auswirkungen auf die Krankenhauslandschaft analysieren, so Gaß. Das sei nahezu unmöglih und deshalb müsse die Vorhaltefinanzierung ausgesetzt werden. „Die aktuelle Fassung der Vorhaltefinanzierung erschwert jegliche Planung, die sich am Versorgungsbedarf ausrichtet“, urteilte der DKG-Chef. Stattdessen sollte der Gesetzgeber die DRG um Strukturkostenkomponenten erweitern, die besondere Leistungen einzelner Kliniken abdeckt.
Beim Transformationsfonds droht die Gefahr der Verschwendung
„Die Zeit drängt“, mahnte Gaß. Derzeit steht im Zusammenhang mit dem KHVVG noch die Ausgestaltung von drei Rechtsverordnungen auf der Agenda, die bis Anfang März verabschiedet werden sollen. Gaß rechnet damit, dass sich der im Gesetz festgeschriebene Leistungsgruppenausschuss, für die Verordnung zu den Leistungsgruppen, noch im Januar konstituiert. Doch an eine Einigung bis Anfang März glaubt er nicht. In dem Ausschuss sitzt das BMG mit den 16 Bundesländern – DKG, Gesetzliche Krankenversicherung, Bundesärztekammer, der Verband der Unikliniken (VUD) und der Deutsche Pflegerat sollen beraten. Gaß forderte die neue Regierung auf, einen verlässlichen Rahmen für die Krankenhausplanung aufzusetzen, sonst steige die Gefahr, dass die 50 Milliarden Euro aus dem Transformationsfonds verschwendet werden könnten.
Der DKG-Chef kritisierte erneut den Politikstil des amtierenden Gesundheitsministers Karl Lauterbach. Das „Herbeiregieren“ Lauterbachs, der seine Ideen für die besten halte und sie dann haarklein in Gesetze schreibe, ohne die Akteure des Gesundheitswesens zu hören, sei nicht erfolgreich. Gaß betonte auch, „dass die aktuellen Finanzierungsprobleme eben nicht durch das DRG-System verursacht wurden, sondern dadurch, dass sich der Bundesgesundheitsminister geweigert hat, einen adäquaten Inflationsausgleich auf den Weg zu bringen“. Unter diesem Problem würde auch eine falsche Einführung einer extrem bürokratischen und falsch geplanten Vorhaltefinanzierung nichts lösen.
DKG-Umfrage zur Gesundheitsversorgung
Die DKG präsentierte außerdem eine repräsentative Umfrage zur Zufriedenheit der Menschen mit Gesundheitsversorgung. Demnach haben 46 Prozent der Befragten haben Sorgen wegen möglicher Krankenhausschließungen, 47 Prozent wegen möglicher Praxisschließungen. 66 Prozent der Befragten glauben eher nicht oder auf keinen Fall, dass in ihrer Heimatregion Krankenhäuser oder Abteilungen geschlossen werden könnten, ohne dass die Qualität der medizinischen Versorgung in der Region leidet. Besonders häufig in diese Richtung antworten die Befragten in ländlichen Gebieten. Außerdem empfinden 76 Prozent der Befragten als Patient oder Patientin das Ausmaß der Bürokratie im Kontakt mit den medizinischen Einrichtungen als eher hoch oder eindeutig hoch. 64 Prozent der Befragten erleben ungewöhnlich lange Wartezeiten auf Arzttermine, 26 Prozent langes Warten auf Krankenhausbehandlungen.
Zehn-Punkte-Programm der DKG
Die DKG stellte zum Beginn des Bundestagswahlkampf auch einem Zehn-Punkte-Programm mit ihren zentralen Forderungen für die nächste Legislatur vor. „Diese Erwartungen verbinden wir mit der ausdrücklichen Bereitschaft zur konstruktiven Mitwirkung an Veränderungen“, so Gaß.
Die zehn Punkte der DKG in der Übersicht
- Weniger Bürokratie und kleinteilige Regulierung: Verantwortliche und Beschäftigte müssen endlich wieder das Vertrauen der Politik spüren, um in Eigenverantwortung die Patientenversorgung zu organisieren.
- Umbau der Krankenhauslandschaft: Die Transformation sollte schrittweise und planvoll gestaltet werden. Grundlegende Veränderungen müssen vorab simuliert und analysiert werden.
- Bekämpfung des Fachkräftemangels: Personelle Ressourcen dürfen nicht weiter durch kleinteilige Vorgaben verschwendet werden. Die Pflege und weitere Gesundheitsfachberufe sollen mehr Verantwortung übernehmen können. Die Anerkennungsverfahren für zugewanderte Fachkräfte müssen einheitlich und bürokratiearm ausgestaltet werden.
- Neugestaltung der Qualitätssicherung: Ziel muss es sein, eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung und die Flexibilisierung der Leistungserbringung gleichzeitig zu erreichen. Der Ergebnisqualität ist Vorrang vor kleinteiliger Struktur- und Prozessqualität einzuräumen.
- Ambulante Versorgung: Krankenhäuser müssen zum Gesundheitscampus werden und sollten auch für die ambulante Versorgung konsequent geöffnet werden.
- Personalvorgaben: Kleinteilige Regelungen limitieren die Versorgung zulasten der Patienten. Deshalb muss die Letztentscheidung über den Personaleinsatz wieder in der Hand der Klinikverantwortlichen liegen (Ganz-Haus-Ansatz).
- Digitalisierung: Zur Förderung der Digitalisierung müssen die Rahmenbedingungen für digitale Versorgungskonzepte verbessert werden.
- Notfallversorgung: Eine Reform muss zeitnah und im Konsens mit den Ländern vorangebracht werden.
- Psychiatrische Versorgung: Es müssen sektorenübergreifende krankenhauszentrierte Versorgungsnetzwerke gefördert werden. Die Belange der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen sind besonders zu berücksichtigen.
- Lieferengpässen bei Arzneimitteln: Die Abhängigkeit von einigen wenigen Herstellern, die teilweise außerhalb Europas produzieren, muss reduziert werden.
DRG | FORUM 2025 - DER KLINIK-KONGRESS
am 20. und 21. März 2025 in Berlin
Gut vier Wochen nach der Bundestagswahl trifft sich die Krankenhausszene zum DRG|FORUM in Berlin. Highlights aus dem Programm:
- Politische Eröffnung mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach
- Politische Spitzendebatte mit Kerstin von der Decken, Gesundheitsministerin Schleswig Holstein
- Krankenhausfinanzierung 2025: Was bringen Vorhaltung & Co? Unter anderem mit Inek-Chef Frank Heimig
- Weitere Top-Themen: Umsetzung der Krankenhausreform, Leistungsgruppen, Vorhaltung, Personal, Digitalisierung, Ambulantisierung und vieles mehr
- Networking-Night mit über 1.000 Teilnehmern und der Verleihung des Vordenker-Awards
- Exklusiver Kooperationspartner ist erstmals die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
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