Versöhnlich – so lässt sich das Stimmungsbild beim heutigen Krankenhausgipfel „Spezial“ der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in einem Wort beschreiben. Monatelang hatten sich die verschiedenen Stakeholder teils heftige Debatten geliefert. Doch einen Tag nach der Einigung von Bund und Ländern auf ein Eckpunktepapier zur Klinikreform fielen die Resümees des DKG-Vorstandsvorsitzenden Gerald Gaß und des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach deutlich positiver aus, als es in der Vergangenheit oft den Anschein hatte.
"Vieles sah womöglich aus wie ein Ringen, ist aber in Wirklichkeit weniger dramatisch verlaufen“, sagte Lauterbach. "Wir waren in vielen Punkten im Dissens, aber die Debatte war sachlich. Danke dafür.“ Ausdrücklich lobte der Minister auch die Arbeit der Regierungskommission: "Sie hat vorzügliche Arbeit geleistet. Ich habe selten eine Kommission erlebt, bei der so viel Inhalt auch in ein Gesetz gegossen werden konnte.“ Man werde die Kommission daher weiter einsetzen, beispielsweise für einen Reformvorschlag für das Rettungswesen.
Gaß wiederum sprach von einer deutlichen Weiterentwicklung des Projektes Krankenhausreform seit dem Nikolaustag 2022. Nun gebe es "echte Perspektiven für die Kliniken für das nächste und die folgenden Jahre“. Das Eckpunktepapier enthalte "durchaus positive Elemente“, von denen die DKG bereits vor der Bundestagswahl einige ins Feld geführt habe. Letztlich hätten nun "die Bundesländer dafür gesorgt, dass unrealistische Vorstellungen der Regierungskommission auf ein vernünftiges Maß zusammengeschrieben worden“, so Gaß.
Gaß: "Entbürokratisierung und Ambulantisierung kommen zu kurz"
Trotz der zarten Einigkeit brachten sowohl Lauterbach als auch der DKG-Vorsitzende ihre unterschiedlichen Sichtweisen und auch Grenzen in der Verhandlung aufs Tableau: Die Level spielten im aktuellen Reformkonzept überhaupt keine Rolle mehr, befand Gaß. Gleichzeitig fehlten für die Gestaltung von sogenannten Level-1i-Standorten noch jegliche Rahmenbedingungen. Das sei zu wenig, damit sich Kliniken oder Träger auf den Weg einer Umgestaltung machten. Lückenhaft sieht Gaß das Thema Entbürokratisierung aufgegriffen. "Zwei, drei Sätze reichen da nicht. Konkrete Maßnahmen fehlen.“ Gänzlich vermisst er das wichtige Thema Ambulantisierung. "Wie sollen tagesbezogene Pauschalen kalkuliert und finanziert werden?“ Hier sollten die Verantwortlichen schnell für Klarheit sorgen, so sein Appell.
Lauterbach: "Entbürokratisierung zeigt sich bei Level-1i-Standorten"
Lauterbach wiederum betonte, die Entbürokratisierung sei durchaus im Konzept erhalten. Denn: "Wenn künftig weniger von der Fallzahl abhängt, werden bestimmte Prüfungen wegfallen, zum Beispiel die Fehlbelegungsprüfungen, die Prüfung der unteren und oberen Verweildauergrenze – da werden wir drastisch abbauen. Der Bund verlässt sich künftig viel mehr auf Strukturprüfungen und will weg von der Prüfung des einzelnen Falles.“ Am deutlichsten werde bei den Level-1i-Standorten entbürokratisiert werden, so der Minister. Denn dort werde „eine weiche Struktur, ein simples System“ entstehen. Weil man das Grundprinzip beachten wolle, dass es oft die letzten Standorte sind, um die herum sich die Versorgung auf dem Land aufbaut. „Wir wollen sie unbedingt erhalten, aber ihnen auch maximale Flexibilität ermöglichen.“ Er bitte um Entschuldigung, dass er weiterhin von Leveln spreche: "Das ist uns im Bund in Fleisch und Blut übergegangen. Das wird sich auch durchsetzen.“
Lauterbach: "Qualitätstransparenz war nicht verhandelbar"
Nicht verhandelbar sei für den Bund die Qualitätstransparenz gewesen: „Hier konnten wir uns mit den Ländern nicht einigen. Daher macht der Bund das nun allein. Wir werden dafür Daten von den Krankenhäusern einholen, die uns noch fehlen und diese sehr präzise veröffentlichen.“ Er hoffe, dass dies bereits Ende Oktober dieses Jahres im Gesetzesblatt steht. Leistungen sollten künftig dort erbracht werden, wo die Leistung auch gut ist. "Das wird zu Zentralisierung führen. Bei der Qualität wird die Reform die Wirkung zeigen, die wir wollen“, ist Lauterbach überzeugt.
Dennoch, mahnte Gaß, werde der Transformationsprozess ohne ein ungeordnetes Kliniksterben nicht möglich sein. "Da ist die Politik in der Verantwortung. Es geht uns nicht um Rettungsmilliarden. Wir wollen eine Anpassung der Erlöse der Krankenhäuser an die Kostensteigerungen.“
Dass Inflation und Tariferhöhungen ein großes Problem für die Kliniken darstellten, sei bekannt, stimmt Lauterbach zu. Dennoch sehe er hier – im Unterschied zu Gaß – die Bundesländer in der Pflicht. „Herr Holetschek spricht ja immer von einer Milliarde. Ich hoffe, dass dieses Geld dann auch fließt.“ Der Bund sei wirtschaftlich in einer Notlage und könne nicht unendlich unterstützen. Was schneller fließen müsste, seien die Pflegebudgets. „Es ist nicht akzeptabel, dass Kliniken so lange darauf warten müssen“, so der Gesundheitsminister. Lauterbachs Fazit: "Das Eckpunktepapier ist ein echter, kein fauler Kompromiss. Wir sind am Vorabend einer wichtigen Krankenhausreform, wo am Ende die Patienten auf der Gewinnerseite sein werden. Wir nehmen Anreize weg, die in den Krankenhäusern gegen die Qualität in der Versorgung gearbeitet haben.“