Machtmissbrauch, rassistische und sexistische Kommentare: Laut einer Umfrage des Marburger Bunds (MB) in Hamburg haben viele Mitarbeitende in Hamburger Kliniken damit negative Erfahrungen gemacht.
"Die Machtstrukturen in Kliniken sind ungesund. Kaum eine andere Branche ist durch eine so starke Machtkonzentration bei gleichzeitiger Abhängigkeit von Vorgesetzten geprägt", sagt Pedram Emami, Vorsitzender des MB Hamburg.
Der Ärzteverband hatte im Juli eine Umfrage zu Machtstrukturen und Führungskultur in Kliniken der Hansestadt durchgeführt, an der rund 500 Ärztinnen und Ärzte teilnahmen. 87 Prozent der Befragten haben nach eigenen Angaben Machtmissbrauch oder ungerechtfertigte Einflussnahme in der Klinik erlebt oder beobachtet – 36 Prozent vereinzelt, 51 Prozent sogar mehrfach. Zudem gaben 81 Prozent an, im Laufe ihrer ärztlichen Tätigkeit mit rassistischen, sexistischen oder anderen sachfremden Kommentaren konfrontiert gewesen zu sein.
Befragte gaben unter anderem an, nach der Farbe ihrer Intimbehaarung gefragt worden zu sein. Auch Äußerungen wie "Wie wollen Sie Fachärztin werden, Sie haben ja nicht mal einen Mann?" und "Als Frau sollte man nicht in den OP, da muss man sich konzentrieren und darf mit den Gedanken nicht bei der Familie sein" sollen gefallen sein. Zudem sei gesagt worden, dass die Beförderung einer Kollegin nicht möglich sei, "weil sie aufgrund ihres Migrationshintergrundes sicher bald viele Kinder bekomme".
Machtmissbrauch strukturell verbreitet
Kritik gab es auch an der Besetzung von Führungspositionen: Mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) beurteilt diese in ihrer Klinik als intransparent und kaum an objektiven Kriterien orientiert. Zudem geben 54 Prozent an, dass Führungspositionen kaum oder gar nicht divers besetzt seien.
"Unsere Umfrage zeigt: Machtmissbrauch ist strukturell verbreitet – das sind keine Einzelfälle", sagt Katharina von der Heyde, Geschäftsführerin des MB Hamburg. "Misogyne, sexistische, aber auch homophobe und rassistische Kommentare gehören leider auch 2025 noch zum Alltag vieler Ärztinnen und Ärzte. Das muss sich endlich ändern – und deshalb wollen wir das noch mehr öffentlich machen."
Der MB-Vorsitzende Emami fordert "mehr Transparenz bei Stellenbesetzungen, Vielfalt in Führungspositionen und eine kooperative Arbeitskultur, die auch für die junge Ärztegeneration attraktiv ist."
Von den Befragten sind 62 Prozent Frauen. 36 Prozent der Befragten befinden sich aktuell in der fachärztlichen Weiterbildung, 31 Prozent arbeiten als Fachärztin oder Facharzt, weitere 22 Prozent als Oberärztin oder Oberarzt.
dpa