AOK-Chef Martin Litsch kritisiert den Geldfluss in der Krise. Das Pflegebudget, so Litsch, sei in der Pandemie völlig aus dem Blick geraten.
Laut der neusten Analyse der AOK-Abrechnungsdaten behandelten in der zweiten Pandemiewelle rund 600 überwiegend große Kliniken 86 Prozent der stationären Covid-19-Fälle. Die restlichen 14 Prozent verteilten sich demnach auf rund 600 eher kleinere Kliniken. AOK-Chef Martin Litsch nahm diese Zahlen zum Anlass, der Forderung des Kassenlagers Nachdruck zu verleihen: „Wir brauchen mehr Zentralisierung. Diese Forderung gilt in der Corona-Krise umso mehr."
Die größte Last der Covid-19-Behandungen hätten Unikliniken und Maximalversorger getragen und dort würde auch die passende Apparatur für solche Behandlungen stehen. Die Tatsache, dass 14 Prozent der Patienten in Kliniken mit „wenig Erfahrung bei der Beatmung“ behandelt worden wären, zeige, dass es noch „ausreichend Luft nach oben gibt, die wir ausschöpfen sollten“.
Der Zusammenhang zwischen hohen Fallzahlen und guter Behandlungsqualität sei zwar bei Covid-19-Patienten noch nicht belegt. Aber der Erkenntnisgewinn und Erfahrungsaustausch sei in wenigen großen Häusern natürlich viel intensiver als in kleinen Kliniken, so Litsch. Außerdem habe die Pandemie gezeigt, dass es nichts bringe, Betten aufzubauen, wenn das Personal dafür fehle. „Personal ist der limitierende Faktor und der ist in großen Häusern natürlich viel besser zu händeln“, so Litsch.
Litschs Klinikrechnung
Mit der Verteilung des Geldes an die Kliniken in der Krise ist Litsch nicht einverstanden. Der AOK-Chef weist darauf hin, dass die Kliniken 2020 rund 82 Milliarden Euro bekommen hätten, das seien 1,25 Millarden Euro mehr als im Vorjahr. Hinzu seien noch etwa 10 Milliarden Euro Freihaltepauschalen vom Bund geflossen – und das alles trotz eines Fallzahlenrückgangs von 13 Prozent. „Zu wenig Finanzmittel sind sicher nicht in den stationären Bereich geflossen“, konstatiert der AOK-Chef.
Litsch: Pflegebudget aus dem Blick geraten
Er stellt klar, dass Kliniken nicht in eine Liquiditätskrise schlittern dürften, das Geld müsse aber sinnvoll eingesetzt werden. Er fordert für 2021 eine „Spitzabrechnung“ – nur so könne das Geld gerecht verteilt werden. Den Vorschlag aus dem Gesundheitsministerium für einen Ganzjahresausgleich 2021 kritisierte Litsch. „Die Krankenhäuser erhalten nahezu das Budget von 2019, trotz des Fallzahlrückgangs von 13 Prozent. Das ist so eine Art Grundeinkommen für Krankenhäuser. Wir hätten uns gewünscht, dass hingeguckt wird, was Kliniken tatsächlich gemacht wird.“ Vor allem das Pflegebudget sei in der Pandemie aus dem Blick geraten, moniert der oberste AOK-Vertreter.
"Kassen zahlen, Länder entscheiden"
Auch die Liquiditätshilfen, die Kassen zukünftig bezahlen sollen, kritisiert Litsch. „Die Kassen sollen bezahlen, aber entscheiden darüber dürfen die Länder.“ Dieser Zustand trete an verschiedenen Stellen des Systems auf und müsse langfristig in eine Form der monistischen Finanzierung von Kliniken führen, so Litsch.