Orientierungswert von Professor Heinz Lohmann

Ökonomie vor der Renaissance

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Ökonomie vor der Renaissance

Wir leben schon eine ganze Weile in Saus und Braus, als gäbe es kein Morgen. Die Gesundheitsausgaben erreichen Jahr für Jahr Rekordhöhen. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir klammheimlich die 400-Milliardengrenze übersprungen. Jeden Tag ist das weit mehr als eine Milliarde Euro. Allein die gesetzliche Krankenversicherung stemmt davon fast 60 Prozent. Während der Corona-Krise sind jetzt alle Dämme gebrochen. Als die kollektive Angst erstmal das Handeln bestimmte, war kein Raum mehr für differenzierte Betrachtungen. Wer wollte sich schon gegen „die Wissenschaft“ stellen. Und schon gar nicht mit ökonomisch motivierten Argumenten. Die, die es trotzdem wagten, bekamen die Wucht der Mainstream-Protagonisten zu spüren. Da half auch sauber abgeleitete höchst seriöse Beweisführung nicht weiter. Der Mythos „viel hilft viel“ feierte eine grandiose Renaissance. Die Ökonomie steht wieder mal in der Schmuddelecke der Gesundheitswirtschaft.

„Geld darf, wenn es um die Gesundheit geht, keine Rolle spielen!“ Dieser schon totgeglaubte Schlachtruf ist plötzlich wieder in aller Munde. „Die Ökonomisierung“ wird für jegliches erdenkliche Unbill verantwortlich gemacht. Dabei ist das Gegenteil richtig. Nur wenn die ganz wesentlich solidarisch aufgebrachten Finanzmittel im Gesundheitsmarkt wirtschaftlich eingesetzt werden, wird weiterhin Gesundheit für alle möglich sein. Es gilt, genau abzuwägen, wo die Milliarden mehr Sinn stiften. Deshalb muss jetzt endlich eine rationale Risikobewertung wieder Oberhand gewinnen. Die ständige Panikmache muss auf mögliche Lobbyisteninteressen hinterfragt werden. Scheinbar unverrückbare Positionen müssen wieder dem wissenschaftlichen Diskurs zugänglich gemacht werden. Wissenschaft ist ein komplexes Geschehen und hat viele Facetten. Nur, wenn versierte Vertreter aller relevanten Fachbereiche mitwirken können, besteht die Chance, einer realistischen Bewertung der Situation näher zu kommen. Die Gesundheit der Menschen ist vielfältigen Bedrohungen ausgesetzt. Ein Risiko dauerhaft über alle anderen zu stellen, richtet mehr Schaden als Nutzen an.

Mehr als ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung wird erstmals seit Gründung der Bundesrepublik für Sozialleistungen aufgewendet, exakt 1,19 Billionen Euro im letzten Jahr. Bei 33,6 Prozent und damit noch einmal 2,8 Prozentpunkte mehr als in der Finanzkrise des Jahres 2006 liegt aktuell die Sozialleistungsquote. Auch künftig werden insbesondere die Ausgaben für die Renten- und Krankenversicherung dramatisch steigen. Wenn die Bürger nicht maßlos überfordert werden sollen, muss der kopflose Krisenmodus jetzt umgehend einem besonnenen Kurs weichen. Die Verantwortlichen müssen sich, vor allem in der Gesundheitswirtschaft, auf harte Jahre einstellen.

Jetzt will davon noch niemand etwas wissen. Aber eines ist bereits klar, schon im Oktober werden wir alle uns neu ausrichten müssen. Dann wird die Politik nicht länger die Augen vor den gewaltigen Herausforderungen in den Sozial- und Gesundheitssystemen verschließen können. Auch die Bürger werden unsanft aus dem Corona-Krisen-Modus herausgerissen werden. Wer hofft, die Welt stünde einfach still und ansonsten könnten die öffentlichen Hände mit Geld um sich werfen, wird eines Besseren belehrt werden. Die Erfindung des sozialpolitischen Perpetuum Mobile wird weiter auf sich warten lassen. In der Post-Corona-Realität darf, ja muss, wieder über die Finanzen geredet werden. Intelligente Managerinnen und Manager in der Gesundheitswirtschaft gehen die notwendigen Veränderungen jetzt aktiv und mit großem Nachdruck an. Je eher, je besser!

Autor

Prof. Heinz Lohmann

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