Laut der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) habe sich die Personaldecke auf den Intensivstationen seit 2018 nochmals deutlich verschlechtert. Ein Drittel der Beschäftigten denke darüber nach, den Beruf in den kommenden zwölf Monaten zu verlassen. Angesichts der erneut ansteigenden Covid-19-Infektionszahlen - mehr als 37.000 neue Fälle vermeldete das RKI - sei es nur eine Frage von Wochen, bis die Intensivstationen so stark ausgelastet seien und das Personal physisch und psychisch überlastet ist, mahnt Carsten Hermes, kooptiertes Mitglied im Vorstand der DGIIN und Sprecher der Sektion Pflege. Die Sektion befürchtet eine weitere Verschärfung, die nicht nur den Betrieb einzelner Intensivstationen gefährden kann, sondern das gesamte Gesundheitssystem an seine Belastungsgrenze bringen werde. Absehbar werde die kritische Personalstärke zur Aufrechterhaltung eines Regelbetriebs dauerhaft unterschritten werden, heißt es in einer Meldung der DGIIN. Bereits am Mittwoch veröffentlichte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) Zahlen zum Personalmangel auf den Intensivstationen. Einer Umfrage zufolge gaben 72 Prozent der befragten Krankenhäuser an, weniger Intensivpflegepersonal zur Verfügung zu haben, als Ende 2020. 86 Prozent der Häuser konnten ihre Intensivkapazitäten aufgrund des Personalmangels nicht vollumfänglich betreiben.
Nach Angaben von Tobias Ochmann, stellvertretendem Sektionssprecher Pflege in der DGIIN, werden die 7-Tage-Inzidenz und die Anzahl theoretisch betreibbarer Intensivbetten nicht allein die entscheidenden Kennzahlen sein, sondern die Gesamtauslastung der Kliniken und die frei verfügbaren Pflegefachkräfte. Jedoch komme es es immer wieder zu Bettensperrungen auf Intensivstationen, weil nicht genügend Pflegepersonal vorhanden ist und die Pflegepersonaluntergrenzen nicht eingehalten werden können. Auch die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) teilte mit, dass die Personaluntergrenzen bei weiter steigenden Fallzahlen nicht mehr haltbar seien. Sie müssten ausgesetzt werden, um gemischte Teams bilden zu können und insgesamt bei weiterem Anstieg der Fallzahlen noch möglichst viele Patienten versorgen zu können, so die Forderung. Die Sektion Pflege der DGIIN fordert verbindliche Personalschlüssel, die sich am tatsächlichen Bedarf und nicht lediglich an einer Untergrenze orientieren. Dazu brauche es transparent erfasste und zeitnah verfügbare digitale Daten, um den tatsächlich vorhandenen Personalbedarf erfassen zu können. „Die derzeit erneut aufkommende Debatte um die Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen (PpUGV) zeigt zudem, wie wenig Wertschätzung der anspruchsvollen Arbeit hoch spezialisierter Pflegender entgegengebracht wird. Eine solche Aussetzung führt unweigerlich zu einer weiteren Steigerung der ohnehin enormen Arbeitsbelastung, was gleichzeitig eine Verschlechterung der Versorgungsqualität mit sich bringen würde. Zudem steigt das Risiko für Komplikationen und schlechte Behandlungsergebnisse“, so Hermes.
Angesichts der immer weiter steigenden Zahlen sprachen sich die Gesundheitsminister für das Verschieben planbarer Operationen aus, um die Behandlung von Covid-Patienten sicherzustellen. Rückwirkend sollen wieder Ausgleichszahlungen fließen. Die DKG forderte zudem Klärung zur Frage über eine Impfpflicht für Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen.