Auf der Suche nach dem Wundermittel gegen den Pflegenotstand lohnt sich ein Blick in die Studien „Ich pflege wieder, wenn…“ und „Pflegearbeitsplatz mit Zukunft“. Erste Erkenntnis: Ein Wundermittel gibt es nicht, da die dort erläuterten Erfordernisse für sich schon inhaltlich weit auseinanderliegen. Zweitens: Vieles kann die Politik per Gesetz gar nicht unmittelbar regeln: Arbeiten auf Augenhöhe, Zusammenarbeit oder Rückhalt der Leitung – also letztendlich Führungsfragen.
Bessere Führung lässt sich nicht politisch verordnen. Sehr wohl kann Politik aber die Zusammenarbeit forcieren und Pflege den Stellenwert einräumen, den sie verdient – und dabei die Interdisziplinarität verbessern. Die Gesundheitskioske zeigen eindrucksvoll, dass es geht, wenn man nur will: „Die Leitung des Gesundheitskioskes übernimmt eine Pflegefachkraft“, steht im Gesetz. Dementsprechend führt bei diesen Themen kein Weg an Pflege vorbei.
Ein schlechtes Beispiel ist hingegen der aktuelle Wortlaut zu den Level-1i-Häusern im Eckpunktepapier zur Krankenhausstrukturreform: Zur Führung der Geschäfte eines sektorenübergreifenden Versorgers könne eine pflegerische Leitung vorgesehen werden. Fachliche Weisungsbefugnis gibt es bekanntlich nicht (mehr). Ich frage mich also: Warum steht das da drin? Möchte man besonders niedrigschwellig ansetzen und sagen, dass „auch“ Pflegekräfte ein Level-1-Haus leiten können? Das liest sich im Umkehrschluss so, als sei es bis dato ausgeschlossen, dass Pflegefachpersonen Geschäftsführer sein könnten. Dabei gibt es durchaus Krankenhausmanager, die zuvor einen Pflegeberuf erlernt hatten. Wie man es dreht und wendet: Ein solcher Satz macht ohne weitergehende und aufgrund der Berufssozialisation von Pflegefachpersonen begründeten Befugnisse keinen Sinn und ist somit auch keine Aufwertung.
Wenn der Gesetzgeber Themen wie „Arbeiten auf Augenhöhe“ angehen möchte, muss er dafür sorgen, dass an Pflege kein Weg mehr vorbeiführt. Hierzu ist es notwendig, den Pflegeberuf in Strukturen zu verankern. Der nun aufgewertete, wenn auch nicht vollumfänglich mitentscheidendeSitz des Deutschen Pflegerats im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ist ein gutes Beispiel dafür, wie es gehen kann – wenn auch leider nicht in letzter Konsequenz. Die Gründung von Kammern ist ein weiteres Beispiel, die Heilkundeübertragung auf internationales Niveau wäre zweifellos ein Meilenstein. Ebenso hervorzuheben ist, dass die Pflege bei der Ausgestaltung der zukünftigen Leistungsgruppen beteiligt werden soll.
Damit findet sich die Beteiligung zwar nicht sofort in der Praxis wieder. Aber es würde deutlich, dass es nicht „Pflege und andere Assistenzberufe“ heißt, sondern Medizin, Pflege und Therapie. Ein Fortschritt wäre es, wenn sich dieser Dreiklang auch in der Führung einer Abteilung widerspiegeln würde – vorausgesetzt, die Verantwortlichen vor Ort lassen dies auch zu.