Orientierungswert von Arne Evers

Professionalisierung regelt der Markt

  • Orientierungswerte
Professionalisierung regelt der Markt

Die Pflege ist eine eigenständige Profession und es ist sehr eindeutig, dass „die Pflege“ sich weiter im Professionalisierungsprozess befindet. Ein altbekanntes Problem ist, dass „die Pflege“ aber auch als Begriff und damit in ihrem Professionalisierungsgrad innerhalb der einzelnen Sektoren stark unterschiedlich ist. 

Während in der Altenpflege häufiger der Begriff der „Deprofessionalisierungstendenz“ geäußert wird, beispielsweise durch die Ergebnisse der Rothgang-Studie und den damit verbundenen Anstieg von Hilfskräften statt Fachkräften, wird das, was professionell sein mag, in der ambulanten Pflege maßgeblich von Krankenkassen und der Abrechnungsfähigkeit von Leistungen bestimmt. 
Im Krankenhaus ist wiederum eine andere Tendenz: Aufgrund des Vorhandenseins vieler Zertifizierungen – und dem damit verbundenen Anspruch an Fachlichkeit an den ärztlichen Dienst strahlt dieser Anspruch auch auf die Pflegeprofession. Ein weiteres Merkmal sind die Strukturprüfungen, die zum Beispiel das Vorhandensein diverser pflegerischer Fachweiterbildungsquoten vorgeben: Man kommt um „Qualifikation“ im Krankenhaus also nicht herum. Betrachtet man das Magnet-Hospital-Konzept als international prägendstes Beispiel für Pflegequalität, wird selten wie nie in der Pflege der professionelle Anspruch von der Berufsgruppe selbst definiert.  

Passend dazu stellte ein Kollege auf Twitter die folgende Frage: Was wäre, wenn man die Kriterien des Magnet-Hospital-Konzeptes durch Gesetze für verbindlich erklären würde? Nach einem kurzen sacken lassen, kam ich zu dem Entschluss, dass es generell möglich ist, dass bestimmte Themen wie zum Beispiel „Advanced Practice Nursing“, Qualitätsmessung über Pflege-Benchmarks, Beteiligung von Pflege in Gremien, Pflegeprozessabbildung usw. verbindlich werden. Das geht, wie man beispielsweise an der Verpflichtung von Stationsapothekern in Niedersachsen oder der verpflichtenden Vorhaltung eines Beauftragten für Patientensicherheit in Hessen sieht. Gegenargument: Durch erzwungene Vorhaltung wird nicht zwangsläufig alles besser.  

Es zeigt sich aber eben auch, dass die Qualitätsentwicklung des Pflegeberufes derzeit von Partikularinteressen abhängig ist. Man kann also sagen: Der Markt regelt und das macht er nicht, indem er Pflegequalität in den Fokus rückt, sondern Pflege als Beiwerk oder notwendige Leistungserfüllung betrachtet.  

Tja, nun wissen alle Lesenden hier, dass in Wort Qualität auch das Wort Qual steckt. Möglicherweise liegt da auch das Problem, denn den Pflegeberuf nun auch noch damit belasten, das wäre ja nicht zumutbar – Ironie aus. Das Schwierige an der Fragestellung ist, dass diese Diskussion in der Politik im Prinzip nicht existent ist. Ja, es gibt „Magnet4Europe“ und es gibt auch Qualitätsbemühungen (als mehr lassen sich beispielsweise die Untergrenzen wohl kaum verstehen) aber dann ist schnell Ende. Es gibt keine besonderen Zertifizierungen für “attraktive Pflege”, welche mich ähnlich wie bei den ärztlichen Zertifizierungen zur Einhaltung bestimmter Kriterien ermutigen. Ich persönlich würde mir daher mehr Engagement und mehr Anreize wünschen, in der die Rolle der Pflege stärker hervorkommt. Wir wollen alle die selbstständige und hochqualifizierte Pflegefachperson, die im Prozess eine wesentliche Rolle einnimmt: Häufig zählt aber allein nur der Kopf. Anders gesagt: Das Zertifikat hängt mit Sicherheit im Büro des Chefarztes, nicht im Büro der Pflegedirektion. Insofern sind Initiativen wie Magnet4Europe sehr wertvoll, da sie genaue Vorgaben für pflegerische Prozesse machen. Und ja: Man muss dem Zertifizierungswahnsinn in der Medizin nicht unbedingt nacheifern. Aber: Teilnehmende Beobachtung wurde in der Pflege nun lange genug praktiziert, jetzt wäre eigentlich Lernen vom Modell angebracht. 

Autor

 Arne Evers

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Mit unserem täglichen Newsletter informieren wir bereits rund 10.000 Empfänger über alle wichtigen Meldungen aus den Krankenhäusern und der Gesundheitsbranche

Kontakt zum Kundenservice

Rufen Sie an: 0 56 61 / 73 44-0
Mo - Fr 08:00 bis 17:00 Uhr

Senden Sie uns eine E-Mail:
info@bibliomedmanager.de

Häufige Fragen und Antworten finden Sie im Hilfe-Bereich