Das Bundesgesundheitsministerium hat neue Eckpunkte für die Krankenhausreform beim gestrigen „Kamingespräch“ zwischen Bund und Ländern vorgestellt. Sie sind eine gute Basis und gehen in die richtige Richtung, heißt es in ersten Reaktionen, es gibt aber noch viele Unklarheiten.
DEKV: Vorschläge zu Level-1i-Krankenhäuser unklar
Das Papier sei eine gute Ausgangsbasis, damit eine Transformation der Krankenhauslandschaft gelingen kann, urteilt Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbands. Die nun vorgenommene Entkoppelung von Leistungsgruppen und Level der Krankenhäuser ermögliche es den Ländern, eine bedarfsgerechte Versorgungslandschaft zu planen. Jetzt komme es darauf an, die Strukturvorgaben für die einzelnen Leistungsbereiche praxistauglich und so flexibel festzulegen, dass regionale Besonderheiten berücksichtigt werden können.
Die Vorschläge zu den Level-1i-Krankenhäusern seien jedoch noch nicht konkret genug, damit Krankenhausträger solche Einrichtungen planen können. Es sei nicht eindeutig genug beschrieben, welchen Versorgungsauftrag Level-1i-Krankenhäuser haben und wie diese in die Versorgungsketten eingebettet werden. „Die restriktive Vorgabe, dass fast ausschließlich bestehende Krankenhäuser in Häuser des Levels 1i umgewandelt werden sollen, erweckt den Eindruck, dass es nur darum geht, lokalpolitische Proteste bei der Schließung von Krankenhäusern zu verhindern“, so Radbruch.
BDPK: Keine Unterschiede zwischen Über- und Unterversorgung
Der Bundesverbands Deutscher Privatkliniken (BDPK) bemängelt vor allem, dass die vom Gesundheitsministerium vorgesehene Zentralisierung von Krankenhaus-Standorten keinerlei Unterschied zwischen urbanen und ländlichen sowie über- und unterversorgten Lebensräumen mache. Zudem würde allein das Zählen von Fachabteilungen zur Zuordnung in die vorgesehenen Versorgungslevel führen, Qualitätsaspekte blieben unberücksichtigt. Die starren Versorgungslevel hätten zur Folge, dass die Kliniken im Level 1i nicht mehr regelhaft in den Krankenhausplänen der Länder aufgenommen wären und über keine ausreichende wirtschaftliche Existenzgrundlage verfügen. Diese schablonenhafte Strategie würde zu großen Krankenhaus-Gebilden in Ballungsräumen führen, während zahlreiche kleinere, bedarfsnotwendige und leistungsfähige Kliniken geschlossen werden müssten.
Zudem kritisieren die privaten Klinikträger die verbreitete Vorstellung, die Kliniken würden durch die Einführung einer Vorhaltefinanzierung von ökonomischen Zwängen befreit. Da bisher keine zusätzlichen finanziellen Mittel vorgesehen seien und neben der Vorhaltepauschale weiterhin ein erheblicher Fallzahlbezug bleibe, bezweifelt der BDPK, dass dieses gut gemeinte Instrument in der derzeit vorgesehenen Form die gewünschte Wirkung haben wird.
VDEK: Versorgung nach Leistungsgruppen gestalten
Nach Auffassung des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) gehen die Maßnahmen in die richtige Richtung, weil mehr Transparenz über das Leistungsangebot der Krankenhäuser entstehe. „Die Menschen müssen 100-prozentig darauf vertrauen können, im richtigen Krankenhaus, qualitativ hochwertig und mit ausreichendem Fachpersonal behandelt zu werden“, so Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des VDEK. Wichtige Voraussetzung sei aber auch, dass die Versorgung sich unter dem Strich nicht verteuere. Das größte Problem sei, genügend Fachkräfte zu finden.
Um die Qualitätsziele zu erreichen, teilt der VDEK den Ansatz, entsprechend dem NRW-Modell die Versorgung künftig nach Leistungsgruppen zu gestalten und für diese bundeseinheitliche Qualitätskriterien zu definieren. Bei der Kalkulation der Vorhaltekosten müsse nach Qualitätsgesichtspunkten sichergestellt sein, dass die Finanzierung tatsächlich erlösausgleichneutral erfolgt und die heutigen Fallpauschalen – wie im Eckpunktepapier beschrieben – entsprechend abgesenkt werden. „Vorhaltekosten müssen zwingend an Qualität gebunden sein. Dabei gilt der Grundsatz: erst Ermittlung der Qualität, dann Festlegung der Vorhaltekosten“, so Elsner.
BKG kritisiert fehlende Patientenperspektive
„Seit über sechs Monaten werden die Vorschläge zur Krankenhausreform immer technokratischer diskutiert. Es geht um Level, Leistungsgruppen, komplexe Finanzierungstheorien und mögliche Standort-Schließungen. Kranken Menschen wird dies ebenso wenig gerecht, wie den Beschäftigten in den Kliniken. Die Insolvenzgefahr schwebt auch weiterhin über den Krankenhäusern“, kritisiert der Geschäftsführer der bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) Roland Engehausen die laufenden Diskussion.
In keiner Weise ernst genommen würden in der aktuellen Diskussion nach Meinung der BKG weiterhin die massiven Kostensteigerungen in den Krankenhäusern. Die Klinikvertretung fordert eine gut koordinierte, nachvollziehbare Umsetzung, die das derzeitige finanzielle Überleben der Kliniken sicherstellt.
AOK: Budgetverhandlungen können komplizierter werden
"Die Eckpunkte sind eine gute Basis für die Reform, weil sie eine enge Verknüpfung der Krankenhausplanung mit der Finanzierung auf Basis bundeseinheitlich definierter Leistungsgruppen vorsehen", sagt die Vorstandsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann. Wichtig sei aus Sicht der AOK aber, dass sich die Versorgungsaufträge für die Kliniken und die daran gekoppelten Vorhaltepauschalen am Bedarf der Bevölkerung orientieren. Dieser Ansatz sollte aber noch klarer herausgearbeitet werden.
Kritsch sieht Reimann die geplante Abwicklung der Vorhaltefinanzierung: Es bestehe die Gefahr, dass die Budgetverhandlungen zwischen Kliniken und Kassen vor Ort noch komplizierter werden, wenn die Vorhaltepauschalen fallbezogen auf der Ortsebene verhandelt werden müssen. "Wer kein zweites Desaster wie beim Pflegebudget mit endlosen Budgetberatungen und erhöhter Insolvenzgefahr bei den Krankenhäusern erleben will, muss hier die Fixierung der Finanzierung an den einzelnen Behandlungsfall beenden.“