KHVVG

Staatliche Planung ist zu wenig

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Staatliche Planung ist zu wenig
Thomas Bublitz © Regina Sablotny

Ich dachte, wir hätten die Schwelle der noch erträglichen Bürokratie und Regelungskomplexität bereits erreicht. Ein Blick in den Referentenentwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus (KHVVG) und zur Reform der Vergütungsstrukturen zeigt: Schlimmer geht immer. Durch das neue Regelwerk droht das Gegenteil von Entökonomisierung, Entbürokratisierung und Versorgungssicherheit.

Die wichtigste und zugleich problematischste Botschaft vorab: Es gibt nur wenig finanzielle Hilfe in 2024. In Sicht ist lediglich die volle Refinanzierung der Tarifrate. Das wird wenig daran ändern, dass nach Experteneinschätzung heute rund 80 % der Krankenhäuser nicht mehr kapitaldienstfähig sind. Das heißt konkret, dass die betreffenden Krankenhäuser ohne Bürgschaften oder sonstige Sicherheiten keine Kredite mehr bekommen. Das Ausfallrisiko für Zins und Tilgung ist den Banken einfach zu groß. Es bleibt aus meiner Sicht dabei, dass viele Krankenhäuser das Inkrafttreten des KHVVG wohl nicht mehr erleben werden. Daran ändern übrigens auch die gegenteiligen Behauptungen von Krankenkassenlenkern wenig, die diese Aussage wohl eher aus Sorge vor weiteren Ausgaben machen.

Auch wenn ich den Eindruck habe, als seien Argumente für eine ernsthafte Debatte um die einzelnen Elemente der Reform eher nicht willkommen, möchte ich einige Aspekte des KHVVG beleuchten:

Krankenhausplanung nur im Rahmen der Vorgaben des Bundes

Die Qualitätsvorgaben für die Leistungsgruppen werden auf Vorschlag der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in einem gemeinsamen Ausschuss auf Bundesebene mit GKV-Spitzenverband, DKG, Bundesärztekammer und Pflegeverbänden festgelegt. In den einzelnen Krankenhäusern überprüft der Medizinische Dienst umfassend das Vorliegen aller Voraussetzungen. Danach erst kann die jeweilige Planungsbehörde des Bundeslandes eine Entscheidung zur Krankenhausplanung treffen. Natürlich muss sich diese Planungsentscheidung nach den Bundesvorgaben richten. Ein Unterschreiten der Qualitätsvorgaben bei versorgungsnotwendigen Krankenhäusern kann allenfalls übergangsweise akzeptiert werden. Schnell wäre es dem Bund möglich, aus berechtigten auch überzogene Qualitätsvorgaben zu machen, die die Krankenhäuser in ländlichen Regionen nicht mehr erfüllen können. Aus meiner Sicht ist damit die Planungssicherheit für die Krankenhäuser passé.

Neu ist das Instrument von sogenannten „Mindestvorhaltezahlen“, die das einzelne Krankenhaus zusätzlich erfüllen muss. Eine Unterschreitung dieser Mindestvorhaltezahlen, die vom InEK jährlich festgestellt werden sollen, führt dazu, dass die Erlaubnis zur Abrechnung der Vorhaltevergütung im Folgejahr erlischt. Das Rennen um die Fallzahlen ist nun überlebenswichtiger denn je. Zu wenig Patienten heißt nun: Kein Anspruch auf die Vorhaltevergütung, was einem Vergütungsabschlag von rund 40 % entspricht. Eine Frage zur Entbürokratisierung: Werden nun die Mindestmengen des G-BA gestrichen?

Vorhaltepauschalen

An diesem Punkt entzünden sich meine ärgsten ordnungspolitischen Bedenken: Die Versorgung soll zukünftig in weniger und dafür größeren Krankenhäusern erfolgen. So weit so gut. Warum aber sollen gerade diese größeren Krankenhäuser eine Vergütung dafür erhalten, dass sie keine oder deutlich weniger Patienten behandeln? Das ist doch völlig widersinnig und produziert schlimmstenfalls Wartelisten oder graue Märkte, in denen der eigene Geldbeutel über den Zugang zur Versorgung entscheidet! Der schnellere Zugang von privatversicherten Patienten zu Facharztterminen zeigt, was ich meine! Abgesehen davon, dass man mit einer fallzahlabhängig ausgestalteten Vorhaltepauschale keine Fallzahlunabhängigkeit von Krankenhäusern erreichen kann! Die Krankenhäuser werden immer gezwungen sein, auf ihre Fallzahl zu achten.

Denkanstoß zum Schluss:

Aus meiner Sicht ist die drängendste Herausforderung für unsere Gesundheitsversorgung der Fachkräftemangel in einem überregulierten System. Spürbar sind die Folgen heute schon in vielen ländlichen Regionen in Form von Unterversorgung. Deshalb greift der Blick nur auf die Krankenhausplanung zu kurz. Es ist notwendig, ein umfassendes System der regionalen Versorgungsplanung zu entwickeln, das auf relevante Versorgungsbereiche ausgerichtet ist:   Dieses muss die Leistungsbereiche

  • der haus- und fachärztlichen Versorgung,
  • der ambulanten Notfallversorgung,
  • des Rettungsdienstes,
  • der stationären Krankenhausbehandlung und
  • der Übergangspflege im Anschluss an die Krankenhausbehandlung

umfassen. Von einer solchen Versorgung aus wäre auch der Einstieg in regionale Versorgungsmodelle mit regionalen Gesundheitsbudgets denkbar. So ist es auch im Koalitionsvertrag der Ampel beschrieben.

Autor

 Thomas Bublitz

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