Auf dem Deutschen Krankenhaustag in Düsseldorf forderten mehrere Klinikverbände Anpassungen am Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG). „Wir werden auf mehrere hundert Krankenhäuser verzichten können, aber nur wenn klar geregelt wird, wer was übernimmt und wie die Versorgung gesichert wird“, beteuerte Gerald Gaß, Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Krankenhäuser müssten auch attraktive Arbeitsplätze bleiben. Der Gastgeber des Krankenhaustags zeigte seine Enttäuschung über die anwesende Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU). „Nach Minister Karl Lauterbach, der die Krankenhauspolitik sehr in sich gekehrt ausgeübt hat, hatten alle die Hoffnung, dass sich das mit der neuen Ministerin ändern würde. Was den Umgang betrifft sind wir jedoch etwas ernüchtert. Für das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG), das die Reform praktikabler machen sollte, fand weder ein echter Dialog mit den Ländern noch mit uns statt“, so DKG-Chef Gaß.
Ministerin Warken widersprach und führte Anpassungen an, etwa für Fachkliniken und in der Onkochirurgie, sowie die Lockerung der Fristen. Es werde auch mehr Möglichkeiten für Kooperationen geben. Sie komme selbst aus dem ländlichen Raum und kenne die Sorgen, was die Sicherstellung der Versorgung betrifft, so Warken. Die Aussetzung der Qualitätsvorgaben im Einvernehmen mit den Krankenkassen sei „einer der Kompromisse, die wir im Gesetzgebungsverfahren gefunden haben“, betonte die BMG-Chefin. Ohne Akzeptanz werde es kein Erfolg der Reform geben, dazu brauche es alle Beteiligten. „Wir müssen den Leuten die Angst nehmen, dass die Versorgung schlechter wird.“ Sie wolle verhindern, dass die Reform ein Fehlstart werde.
Streichung der Meistbegünstigungsklausel kaum abzuwenden
DKG-Chef Gaß monierte außerdem die Streichung der Meistbegünstigungsklausel. Die Sparmaßnahme von 1,8 Milliarden Euro pro Jahr zur Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge schlägt in der Klinikszene hohe Wellen – weil der Gesetzgeber den Kliniken erst kurz vorher vier Milliarden Euro als Inflationsausgleich bereitgestellt hatte. „Sie können sicher sein, dass ich für diese Entscheidung keinen Applaus auf dem Krankenhaustag erwarte“, antwortete Warken. Sie betonte die schwierige Finanzsituation der Kassen. „Hier müssen wir zu Veränderung kommen. Wir mussten berücksichtigen, dass die Steigerungen der Landesbasisfallwerte abgebildet werden.“ Die Ausgaben der GKV für Krankenhäuser sei im vergangenen Jahr um neun Prozent gestiegen, so Warken. Für 2025 werde diese Steigerung noch übertroffen. Warken rechnet mit einer Steigerung um zehn Milliarden auf 112 Milliarden Euro für Krankenhäuser. „Diese Zahlen lügen nicht“, so die Ministerin.
DKG-Chef Gaß zeigte wenig Hoffnung, dass diese Sparmaßnahme vom Bundesrat gekippt wird, der an diesem Freitag über das Pflegegesetz zur Befugniserweiterung (BEEP) berät, in dem die Streichung steht. Das Land Thüringen hat einen Antrag auf einen Vermittlungsausschuss für das Pflegegesetz BEEPP gestellt. Die Aussagen von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) auf dem Krankenhaustag dürften das Gefühl von Gaß jedoch bestätigen. Laumann, der neben Gesundheits- auch Arbeitsminister in NRW ist, berät in diesen Tagen mit seinen Ministerkollegen, wie NRW am Freitag im Bundesrat agieren wird. In Düsseldorf betonte er vielsagend: „Auch wir als Land haben Interesse an Beitragsstabilität.“
Dirk Köcher vom Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) wies in dieser Diskussion auf die schlechte wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser hin. „89 Prozent der Kommunalen Häuser haben 2024 Verluste geschrieben.“ Die Einmalzahlung von vier Milliarden Euro schließe nur die Lücke für ein Jahr. „2027 kommt das Problem wieder auf die Kliniken zu.“
KHAG: „Zahllose Vorgaben gefährden Reformerfolg“
Über die Frage, welche Auswirkung das KHAG hat und wo das Gesetz im parlamentarischen Prozess noch geschliffen werden kann, entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Gaß kritisierte die sehr kleinteiligen Regelungen im KHAG: „Es ist schon skurril, was man den Akteuren im Gesundheitswesen abverlangt.“ Michael A. Weber vom Verband leitender Krankenhausärztinnen und -Ärzte (VLK), stieß ins selbe Horn: „Wir brauchen robuste Ausnahmeregelungen um die Reform zum Erfolg zu bringen.“ Die Kliniken hätten große Schwierigkeiten mit den zahllosen Regeln insbesondere den Personalvorgaben. „Das Problem liegt im Kleingedruckten“, so Weber.
Misstrauen gegenüber dem Medizinischen Dienst
Die Reform ist durch die Fristen des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) bereits in der Praxis angekommen. VKD-Chef Köcher betonte, dass er sich vom Medizinischen Dienst (MD) mehr Pragmatismus bei der Prüfung der Leistungsgruppen wünsche. „Leistungen werden in den nächsten Jahren verschoben. Aber wie geht der MD damit um, wenn eine Klinik heute Leistungsgruppen an einem Standort erbringt, die in zwei Jahren woanders hin wandern sollen?“ Dieses Thema werde in den nächsten Jahren große Relevanz bekommen. „Da hängen Prozesse und Mitarbeiter dran, deshalb sind solche Verschiebungen nicht so einfach und dafür brauchen wir Flexibiltät.“
Weber vom VLK betonte, dass die Erweiterung der Hybrid-DRG, die jetzt im DRG-Katalog festgezurrt werden, im KHAG auf Maß gestutzt werden müssten. Die geplante Ausweitung auf 2,5 Millionen Fälle für 2030 bezeichnete er als „Wahnsinnszahl“, die nur „gewürfelt“ sei. Die medizinische Eignung der Fälle müsse an erster Stelle stehen, nicht nur die Ausweitung der ambulanten Behandlungen. Sabine Berninger, Vorstandsmitglied des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe, pflichtete Weber insofern bei als sie eine "ganzheitliche" Ambulantisierung forderte. „Wir müssen vor, in und nach den Krankenhäusern ansetzen“, sagte Berninger. Alle Versorgungsbereiche müssten in der Strukturplanung abgebildet werden. „Nur durch diese Verzahnung lassen sich Krankenhausaufenthate verkürzen und vermeiden.“


