DGfM-Herbstsymposium

"Wir mutieren vom Versorgungsgestalter zum Minutenverwalter"

  • News des Tages
"Wir mutieren vom Versorgungsgestalter zum Minutenverwalter"
DGfM Herbstsymposium 2021

Unter Medizincontrollern und Geschäftsführern von Krankenhauseinrichtungen wird die Einführung der Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL) äußerst kritisch gesehen. Das wurde beim Herbstsymposium der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling (DGfM) erneut deutlich. Durch die Richtlinie werde das Augenmerk stärker von der Versorgung auf die Verwaltung gelenkt, kritisierte Thomas Brobeil, Geschäftsführer der Vinzenz von Paul Hospital gGmbH. Zentral sei nun unter anderem, stets die Arbeitszeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Stationen und Einrichtungen genau zuzuordnen und abzurechen, um hohe Sanktionen abzuwenden. „Wir mutieren so vom Versorgungsgestalter zum Minutenverwalter“, so Brobeil. 

In der PPP-RL ist die personelle Ausstattung psychiatrischer und psychosomatischer Kliniken festgelegt. Seit 2020 müssen die Krankenhäuser nachweisen, dass sie für alle therapeutischen Berufsgruppen Mindestvorgaben erfüllen. Brobeil betonte bei der DGfM-Veranstaltung, dass er nicht grundsätzlich gegen die Richtlinie sei. Vorgaben zur Qualitätssicherung seien richtig. Doch zwinge die Richtlinie die Einrichtungen in ein Korsett, dass ihnen keine Luft lasse, um die Aufgaben intern flexibel zu steuern. Sollten die geplanten Sanktionen so kommen wie geplant, müssten viele Kliniken, die die Personalanforderungen nicht erfüllen können, vom Markt gehen, vermutet er. 

Kritisch sieht Brobeil in der Richtlinie auch eine Reihe von Zielkonflikten. So müssten die Einrichtungen stets einerseits eine Punktlandung bei der Personalausstattung erzielen, um Sanktionen zu vermeiden. Andererseits sind die Einrichtungen dazu verpflichtet, die Patientinnen und Patienten zu versorgen. „Das sind Zielkonflikte, die sich kaum auflösen lassen“, so Brobeil. Er befürchtet zudem, dass die Richtlinie die Bemühungen, die Versorgung in die Fläche zu bringen, wieder zunichte machen werde. „Ich sehe die Gefahr, dass wir zu einer Re-Zentralisierung kommen“, sagte er. Durch die starren Vorgaben werde die Versorgung letztlich womöglich wieder zentral organisiert werden müssen.

Die Richtlinie rückt auch den Fachkräftemangel noch stärker in den Fokus, machte der Geschäftsführer von Vitos, Reinhard Belling, bei der der DGfM-Veranstaltung deutlich. So müsse die Zahl der Vitos-Beschäftigten im kommenden Jahr im Vergleich zum Jahr 2019 insgesamt um 362 Vollzeitkräfte höher liegen, um die Anforderungen der Richtlinie zuzüglich eines gewissen Sicherheitspuffers zu erfüllen. 
Und der demografische Wandel werde die Herausforderungen in diesem Jahrzehnt enorm verstärken, so Belling. „Das Thema Personal ist in den kommenden Jahren die allergrößte Herausforderung.“ Die Coronapandemie habe das Problem weiter verstärkt. Die Hoffnung, dass durch die Pandemie Gesundheitsberufe attraktiver und mehr Menschen den Pflegeberufe ergreifen würden, habe sich nicht erfüllt. Die Arbeitgeberattraktivität spiele daher künftig eine „herausragende Rolle“. 

In den kommenden zwei Jahren werde die Coronapandemie weiterhin das Leistungsgeschehen beeinflussen, prognostiziert Belling. Er glaube nicht daran, dass innerhalb dieses Zeitraums die Fallzahlen wieder auf dem Niveau von 2019 liegen werden. Wachstum sehe er hingegen bei digitalen Angeboten. Chancenreich sei unter anderem das Home Treatment. Auch bei Tageskliniken werde die Nachfrage – sofern die PPP-RL es zulasse – wachsen. „Im vollstationären Bereich sehe ich hingegen keinen Wachstumsmarkt, sondern einen rückläufigen Markt“, so der Vitos-Konzerngeschäftsführer. 
 

Autor

 Hendrik Bensch

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Mit unserem täglichen Newsletter informieren wir bereits rund 10.000 Empfänger über alle wichtigen Meldungen aus den Krankenhäusern und der Gesundheitsbranche

Kontakt zum Kundenservice

Rufen Sie an: 0 56 61 / 73 44-0
Mo - Fr 08:00 bis 17:00 Uhr

Senden Sie uns eine E-Mail:
info@bibliomedmanager.de

Häufige Fragen und Antworten finden Sie im Hilfe-Bereich