Für den Krankenhaustransformationsfonds sollen die Krankenkassen 25 Milliarden Euro berappen. Johannes Wolff kritisiert diesen Finanzierungsansatz ebenso wie die Ausrichtung des Fonds. Im Interview erklärt der neue Abteilungsleiter Krankenhäuser beim GKV-Spitzenverband, was sich die Kassen wünschen.
Herr Wolff, den sogenannten „Zugriff auf GKV-Mittel beim Transformationsfonds“ lehnen Sie ab. Die Kassen wollen Klagen gegen diese Vereinnahmung mit anschieben. Wann werden wir Klarheit haben, ob die Kassen zahlen müssen?
Wolff: Klar ist, dass die Weiterentwicklung der stationären Versorgungsstrukturen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, da sie alle Menschen in Deutschland betrifft, unabhängig davon, ob sie gesetzlich oder privat krankenversichert sind oder Sondersystemen unterliegen. Bund und Länder dürfen ihre Finanzierungsverantwortung hier nicht auf die GKV abwälzen. Weder das Gesetz noch die nun anstehende Rechtsverordnung greifen diese Kritik an der verfassungswidrigen hälftigen Finanzierung des Transformationsfonds aus Beitragsmitteln auf. Das ist alles andere als zufriedenstellend. Wann aber eine abschließende Klarheit hierüber herrscht, kann aktuell leider niemand sagen.
Sie beanstanden, dass die Förderzwecke für den Transformationsfonds – ähnlich wie beim Strukturfonds – viel zu weit gefasst sind. Was läuft Ihrer Meinung nach schief?
Die mit dem Strukturfonds gemachten Fehler der vergangenen Jahre sollten hier nicht wiederholt werden. Statt im Bereich der Konzentration und Schließungen von Kapazitäten wurde ein Großteil der Vorhaben im Bereich der telemedizinischen Netzwerkstrukturen, IT-Vorhaben und Ausbildungskapazitäten umgesetzt. Was fehlte war insbesondere ein Fokus auf den Abbau von Überkapazitäten in Ballungsgebieten. Das fehlende Zielbild der Reform und die fehlende Priorisierung der Maßnahmen haben dazu geführt, dass nicht die gewünschten strukturellen Effekte erreicht wurden und jedes Land anders verfuhr. Zudem wurde bereits hier offensichtlich, dass die freiwillige PKV-Beteiligung nicht funktioniert. Mit dem Transformationsfonds werden diese Missstände nun in einer weit größeren finanziellen Dimension fortgeführt.
Sie sprechen das fehlende „Zielbild“ an. Was bedeutet das genau und wie sollte es aus Ihrer Sicht aussehen?
Mit einem bundeseinheitlichen Zielbild kann der stationäre Versorgungsbedarf der Bevölkerung in den jeweiligen Regionen ermittelt und anhand der Leistungsgruppen die versorgungsrelevanten Standorte identifiziert werden. Ein entsprechendes Modell zur Ermittlung der standortbezogenen Versorgungsbedeutung und Bedarfsnotwendigkeit wurde unter Beteiligung des GKV Spitzenverbandes erarbeitet. Im Kern geht es um bundeseinheitliche Leitplanken für die zukünftige Versorgungsstruktur, was bei 50 Milliarden Euro Finanzierungsvolumen eigentlich Grundvoraussetzung für die Reform ist und übergreifend bei allen KHVVG-Maßnahmen handlungsleitend sein sollte. Das betrifft auch die Ausgestaltung der Vorhaltefinanzierung oder die Umsetzung im Bereich der sektorenübergreifenden Versorgung. Die KHVVG-Maßnahmen müssen konsequent ineinandergreifen, damit sie sich nicht konterkarieren. Ansonsten besteht die große Gefahr, dass Mittel des Transformationsfonds in Strukturen fließen, die im Rahmen der künftigen Leistungsgruppenplanung nicht mehr notwendig sind. Und klar ist damit auch – bevor es zu einer Mittelverteilung aus dem Transformationsfonds kommen kann – muss die Leistungsgruppensystematik bereits konsequent angewendet werden.
Wie können Länder die Bedarfsnotwendigkeit für Fördervorhaben nachweisen?
Das angesprochene Modell ermöglicht es den Ländern, die Fördervorhaben entsprechend der Versorgungsbedeutung des Standortes zu priorisieren. Bei einer insgesamt geringen Versorgungsrelevanz eines Standortes wären Mittel zur Schließung sicher richtig eingesetzt. Sollte die Versorgungsrelevanz im Rahmen der Verteilung der Mittel der Vorhaltefinanzierung eine Rolle spielen, würden hingegen Häuser mit einer hohen Versorgungsrelevanz auch einen höheren Anteil an Mitteln zugeteilt bekommen als Krankenhäuser mit einer niedrigen Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung.
Können Sie kurz skizzieren, wie eine von Ihnen geforderte „Musterkrankenhausplanungsverordnung“ aussehen soll und was sie bewirken kann?
Damit sind Leitplanken für die nun auf Landesebne anstehenden Planungsentscheidungen gemeint. Diese wären beispielsweise für die bundeseinheitliche Vergabe von Leistungsgruppen relevant, aber auch bei weiteren Themen, wie Fachkliniken oder der Festlegung von sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen sinnvoll. Entsprechende Vorgaben und Detailregelungen sollte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) festlegen. Auch für die Transformationsfondsmaßnahmen wäre das sinnvoll. Denn ohne diese Leitplanken ist auch eine Evaluation des Fonds nicht möglich. Die Auswirkungen des Mitteleinsatzes können nicht adäquat bewertet werden. Beispiele, wo gut gemeinte Förderprogramme schlussendlich verpufft sind, gibt es zuhauf.
Johannes Wolff ist Abteilungsleiter Krankenhäuser beim GKV-Spitzenverband.