Controlling mit IT-Systemen

Für die MDK-Prüfung gewappnet

  • Controlling
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  • 19.12.2018

Warnhinweise zu möglichen MDK-Prüfungen, genaue Auswertungen zu den Kosten medizinischer Geräte – IT-Systeme helfen Agaplesion und der St. Franziskus-Stiftung Münster, ihre Kosten zu senken und bessere Entscheidungen zu treffen. 

Wenn Klinikmitarbeiter von Agaplesion einen Fall kodieren, schauen sie in gewisser Weise in die Zukunft. Denn die Ärzte und Pflegekräfte des christlichen Gesundheitskonzerns erhalten beim Bearbeiten einen Hinweis auf ihrem Bildschirm: Sie sehen dort, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) den Fall später genau anschauen wird.

Agaplesion ermittelt in einem Pilotprojekt mit einem Data-Mining-Tool, in welchen Fällen der MDK in der Vergangenheit geprüft hat. Dadurch wissen die Beschäftigten, wann sie noch genauer dokumentieren sollten, um im Zweifel bei einer Prüfung gewappnet zu sein. „Wir werden auf diese Weise unsere MDK-Verluste deutlich reduzieren können“, sagte Agaplesion-Regionalgeschäftsführer Sebastian Polag kürzlich beim „Best-Practice-Controlling“-Seminar in Dortmund, das vom Bibliomed-Verlag und dem Deutschen Verein für Krankenhaus-Controlling (DVKC) veranstaltet wurde. Polag ist Geschäftsführer der Agaplesion Evangelisches Krankenhaus Mittelhessen gGmbH. Bei dem christlichen Gesundheitskonzern arbeitet er bereits seit 2003. Damals hat er angefangen, das Controlling-System für das Unternehmen aufzubauen, das heute 24 Krankenhaus-Standorte sowie mehr als 19.000 Mitarbeiter hat und mehr als 1,2 Milliarden Euro umsetzt.

Es gibt nur eine Wahrheit

Das Controlling beim christlichen Gesundheitskonzern ist stark zentralisiert. Denn Agaplesion hat festgestellt: Zwei Drittel der Auswertungen für das Berichtswesen lassen sich über einen Standard abbilden. Und so werden zunächst in der Konzernzentrale die Daten zentral aufbereitet und dann den Anwendern an den Standorten über ein intelligentes Data-Warehouse-System zur Verfügung gestellt. Wer möchte, kann sich die Auswertungen auch per E-Mail automatisch schicken lassen. Jährlich erstellt das System mehr als 376.000 Berichte vollautomatisch.

Zu den wichtigsten Berichten zählt beispielsweise der Geschäftsführer-Bericht, in dem Leistungszahlen und die Gewinn-und-Verlust-Rechnung grafisch aufbereitet sind. Und zu den Berichten zählt auch der Benchmarking-Bericht, durch den die Agaplesion-Manager die betriebswirtschaftlichen und medizinischen Kennzahlen der Standorte miteinander vergleichen können. Dabei werden die Ist-Werte einer Einrichtung in Bezug zum obersten Quartil der Agaplesion-Einrichtungen gesetzt.

In den vergangenen Jahren ist auch ein sogenannter Disclosure-Manager hinzugekommen. Das Programm hilft dabei, wenn Berichte für externe Adressaten erstellt werden müssen – beispielsweise für den Aufsichtsrat oder die Gesellschafterversammlung. Wenn kurz bevor ein Bericht fertig sein muss noch aktuelle Zahlen ins Business-Intelligence-System einlaufen, passt das Programm die Zahlen in den Berichten für die externen Adressaten automatisch an.

Wenn Polag heute gefragt wird, welche Faktoren für ein erfolgreiches Controlling bei Agaplesion sorgen, dann fällt ihm zum einen das Thema Entscheidungsfindung ein. „Wir haben von Anfang an gesagt: Wir brauchen einen ‚Single Point of Truth“, sagt er. Es sollte nur eine Quelle geben, die valide Informationen für die Entscheidungsfindung liefert. Bei Agaplesion hat man sich entschieden, dass das Data Warehouse die eine „Wahrheit“ liefert. „Wir verwenden lieber unsere Zeit darauf, ein System auf Vordermann zu bringen, als unterschiedliche Wahrheiten parallel zu analysieren“, so Polag.

Als weiteren wichtigen Erfolgsfaktor sieht Polag das Business Intelligence Competence Center (BICC) des Gesundheitskonzerns, das sich um das Data-Warehouse-System kümmert. Agaplesion hat dabei bewusst Controllern und nicht IT-Experten die Verwaltung des Systems überlassen. „Nur sie können sagen, was sie auswerten möchten und wie Daten vergleichbar sind“, erzählt Polag. Wer eine Frage an den Support hat, gerät zudem beim BICC immer an einen Fachanwender.

Ganz zentral beim Controlling bei Agaplesion ist zudem ein einfaches Prinzip: Weniger ist mehr! Denn was nützt es, wenn der Chefarzt jede Woche einen 36-Seiten-Bericht zum Medizincontrolling erhält? „Den liest er dann eh nicht mehr“, weiß Polag. Um herauszufinden, welche Kennzahlen die Adressaten wirklich benötigen, hat der christliche Gesundheitskonzern Workshops organisiert. Auf diese Weise hat Agaplesion dann unter anderem eine Übersicht mit neun Key Performance Indicators (KPI) etabliert, die der Vorstand, die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat erhalten. Dabei werden Gruppenkennzahlen gebildet, mit denen sich dann die Einrichtungen untereinander vergleichen lassen. Wenn sich etwa die Fallzahlen und der Case Mix positiv entwickelt haben, springt das Ampelsystem für den Punkt „Leistungen“ auf Grün. „So erhält man einen schnellen Überblick über jede Einrichtung“, erzählt Sebastian Polag.

Zentrales Lager senkt die Kosten

Die St. Franziskus-Stiftung Münster arbeitet nicht mit solch einem automatisierten Ampelsystem. Hier geht der Vorstand mit allen Einrichtungen monatlich ins Gespräch, berichtete Dr. Nils Brüggemann, Vorstandsmitglied der Stiftung, beim „Best-Practice-Controlling“-Seminar. Mit 15 Akutkliniken ist die St. Franziskus-Stiftung jedoch auch noch ein gutes Stück kleiner als Agaplesion. Zentralisiert hat die Stiftung aber den Einkauf und die Logistik für die Krankenhaus-Einrichtungen, wie etwa für die Medikal- und Arzneimittelversorgung sowie die Sterilgutaufbereitung. Es gibt mittlerweile in keiner Einrichtung mehr ein eigenes Lager. Stattdessen beliefern zwei Medical Order Center die Kliniken. „Das führt zu extrem hoher Transparenz und Vergleichbarkeit“, so Brüggemann. Das System hilft der Stiftung, zum Beispiel die Arzneimittelkosten stark zu senken. Wenn ein neues Krankenhaus in die Klinikgruppe eingegliedert werde, ließen sich durch die Umstellung jeweils 15 bis 25 Prozent der Arzneimittelkosten sparen, sagt Brüggemann.

Beim Kostenmanagement von Arzneimitteln schauen sich die Controller der St. Franziskus-Stiftung auch die Antibiotika ganz genau an. Dabei vergleichen sie die sogenannten Antibiotika-Verbrauchsdichten der einzelnen Häuser oder zum Beispiel – noch genauer – einzelner Intensivstationen. Dabei wird die tägliche Antibiotika-Dosis ins Verhältnis zu den Belegungstagen gesetzt. So lassen sich Ausreißer ausfindig machen. „Das hilft dann nicht nur mit Blick auf die Kosten, sondern auch auf die Qualität“, sagt Brüggemann.

Die Manager der St. Franziskus-Stiftung setzen ihre IT zudem beim Controlling medizinischer Geräte ein. Früher sei unklar gewesen, wie häufig Ärzte die einzelnen Geräte einsetzten und wie hoch die laufenden Kosten waren, berichtet Vorstand Brüggemann. „Die Investitionsentscheidungen fielen daher häufig auf Basis des Einkaufspreises.“ Der gesamte Lebenszyklus wurde hingegen nicht betrachtet. Mittlerweile setzen die Controller deshalb eine Software ein. Sie liefert Daten dazu, wie hoch die laufenden Kosten sind, wie oft ein Arzt ein Gerät nutzt und wie häufig es gewartet werden muss. Wenn es später darum geht, ob man wirklich den teuren Fünf-Sterne-Wartungsvertrag benötigt oder mit weniger auskommt, helfen die Informationen aus dem System weiter.

Ganz besonders nützlich ist für die Controller außerdem ein System, das das Krankenhaus-Informationssystem (KIS) überwacht. Früher habe die St. Franziskus-Stiftung erhebliche Performance-Probleme gehabt, berichtet Brüggemann. Beschwerden über das KIS gelangten erst dann zum Management, wenn etwas richtig schiefgelaufen war. Mittlerweile wird in allen Einrichtungen jede halbe Stunde die Performance gemessen. So erfahren die Klinikmanager von Problemen, noch bevor sich jemand beschwert, sagt Brüggemann. „Nun läuft das System richtig rund“, erzählt er – und klopft vorsichtig auf Holz.

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