Rechtliches Maßnahmenpaket gegen Haftungsrisiken

Mit dem Kopf in der Schlinge

  • Risikomanagement
  • Workshops
  • 08.04.2019

f&w Beilage

Ausgabe 4/2019

Seite 54

Immer neue und schwer umsetzbare Rechtspflichten stellen sich der Unternehmensleitung in Krankenhäusern in den Weg. Immer häufiger finden sich dort auch Stolpersteine in Form von Haftungsrisiken. Stichworte sind unter anderem Abrechnungsbetrug, der nicht ordnungsgemäße Betrieb von Medizinprodukten, Verstoß gegen den Datenschutz oder die vorgeschriebenen Personaluntergrenzen. In der Praxis gibt es bisher fast keine zivilrechtlichen Urteile gegen Geschäftsführer, aber die Tendenzen sind sichtbar.

„Insgesamt gibt es eine Bereitschaft, rechtliche Schritte einzuleiten“, sagte Prof. Dr. Bernd Halbe, Fachanwalt für Medizinrecht in Köln. Dem stimmte auch Prof. Dr. Thomas Kersting, Senior Associate bei der IGES Institut GmbH, zu: „Die Arbeit im Krankenhaus hat sich verändert – die Juristerei ist ausgebrochen.“ Auch die Öffentlichkeit schaut hin, denn Medienpräsenz ist zuhauf gegeben, wenn es um Abrechnungsskandale (Stichwort Upcoding) und Betrug im Gesundheitswesen geht. Selbst wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Vorwürfe falsch waren, bleibt die Rufschädigung nachhaltig bestehen. Die Politik setze auf Abschreckung, so Kerstings Eindruck.

Schützen kann man sich vorsorglich mit einem funktionalen Qualitätssicherungs- und Risikomanagement und im Ernstfall mit einer guten Versicherung. Wie gute Vorsorge in der Praxis aussehen kann, zeigte Martin Große-Kracht, Geschäftsführer der Ategris in Mülheim-Oberhausen. Die zentrale Organisation mit 13 Gesellschaften und zwei Krankenhäusern nutzt ihre IT-basierten Qualitätsmanagementinstrumente konsequent. Ein Beispiel: Jede Anfrage im CIRS – dem Berichtssystem für sicherheitsrelevante Ereignisse im Krankenhaus – wird beantwortet, Störmitteilungen werden nach Risikoaspekten beurteilt und bearbeitet. Die IT diene damit auch der lückenlosen Dokumentation der Risiken. Gut bewährt habe sich außerdem die Verknüpfung von klinischem und betriebswirtschaftlichem Risikomanagement. Beim Schadensmanagement verlässt sich Ategris zuallererst auf sich selbst – versicherungstechnisch genutzt wird nur die Spitzenabsicherung. Ein Vorteil: Es bleibt Geld für Reinvestitionen in die Patientensicherheit und Qualität. Auch bei der Compliance wurde systematisiert: Statt die vielen Aufgaben über die Gesellschaften zu verteilen, arbeitet ein hausinternes Compliance-Komitee systematisch das ab, was ansteht. „Wir haben das mit knappen Mitteln und schlanker Struktur ganz gut institutionalisiert bekommen“, schloss Große-Kracht.

Trotz aller Standardisierung, Systematik und Prozessoptimierung kann ein Haftungsrisiko konkrete Gestalt annehmen – dann sollte man sich auf seine Versicherung verlassen können. Doch die könne einige Überraschungen für das Management parat haben, so Kersting. „Bei Haftung und Versicherung muss ganz genau hingeschaut werden – als Geschäftsführer haften Sie für alles“, sagte er. Aufklärend wirkte hier Dr. Michael Vothknecht, Geschäftsführer der Ecclesia Versicherungsgesellschaft GmbH. Die Ecclesia empfiehlt einen zusätzlichen Rechtsschutz für Krankenhausmanager. Mit der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (D&O) ließe sich die Managerhaftung zwar gut begrenzen, diese zahle aber nicht zwingend. Bei einer festgestellten wissentlichen Haftung werden die Kosten nicht übernommen. Ebenso wenig sind staatliche Sanktionen wie Geldstrafen oder Bußgelder durch die D&O abgedeckt.

Wenn Kosten für die Verteidigung anfallen, ist der Unternehmensträger nicht verpflichtet zu zahlen – hierfür sowie für eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit lohnt sich eine zusätzliche Rechtsschutzversicherung. Vothknecht empfahl sogar eine Topmanager-Risikoversicherung: „Die Unternehmensdeckung kennt das Widerspruchsrecht.“ Hierzu kann es kommen, wenn sich Krankenhaus- und Managerinteressen nicht mehr decken. Eine ganz persönliche Abdeckung des Geschäftsführers ist in diesen Fällen von Vorteil.

Der Eindruck der Referenten: Bei Haftungsrisiken werde die Unternehmensleitung eines Krankenhauses in Zukunft mehr in den Fokus rücken. Empfehlungen zur Risikominderung sind ein funktionierendes Qualitäts-, Risiko- und Compliance-Management sowie eine lückenlose Dokumentation auf IT-Basis. Manager sollten sich detailliert über ihren Versicherungsschutz informieren und entsprechende Verträge abschließen. Nicht zu vernachlässigen ist der Fakt der Rufschädigung – insbesondere durch einzelne, in den Medien herausgestellte Verfahren.

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