Wollen Reha-Einrichtungen am Markt erfolgreich bleiben, braucht es innovative Konzepte, einen Mehrwert, der sie von der Konkurrenz unterscheidet. Besonders gut gelingt dies, wenn Kliniken es schaffen, mit ihren Angeboten Versorgungslücken zu schließen. Zum Beispiel zwischen Reha und Akut, zwischen verschiedenen Indikationen oder zwischen Reha und niedergelassenen Therapeuten in der Nachsorge. So geschehen in drei sehr verschiedenen Häusern, die ihre Best Practice im Workshop „Reha innovativ“ beim 3. Nationalen Reha-Forum präsentierten.
Beispiel 1: Die spezialisierte pneumologische Reha an der Klinik Martinusquelle, die zum Medizinischen Zentrum für Gesundheit (MZG) gehört. Dort soll die aufwendige, pflegeintensive Reha für Patienten mit der schweren Lungenerkrankung COPD die Lücke zwischen akutstationärer Behandlung, Frühreha und üblicher pneumologischer Reha schließen. „Schwer erkrankte Patienten, die mit Sauerstoff versorgt werden müssen und Komorbiditäten aufweisen, sind für eine übliche Reha nicht fit genug“, sagte Dr. Ralf Schippmann, Chefarzt der Fachkliniken für Pneumologie und Kardiologie der Klinik. „Wir haben nach einer Lösung für diese Übergangsphase gesucht und ein Phasenmodell für schwere COPD entwickelt.“
1.300 COPD-Patienten behandelt die Klinik jedes Jahr. Von ihnen werden nun nach der Akutbehandlung jene Patienten ausgewählt die Komorbiditäten mitbringen, auf Langzeitsauerstofftherapie angewiesen sind und nur eine Gehstrecke von unter 50 Metern bewältigen können. Das Ziel der spezialisierten pneumologischen Reha: die körperliche Leistungsfähigkeit steigern, die Lebensqualität erhöhen und die Abhängigkeit von der Sauerstoffversorgung reduzieren. Schippmann: „Je länger wir uns um diese Patienten kümmern, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie wieder arbeiten können und aus der Sauerstoffpflichtigkeit herauskommen.“ Gemeinsam mit allen pneumologischen Reha-Kliniken in Nordrhein-Westfalen habe man dieses Angebot entwickelt und einen bundesweiten Konsens erreicht, berichtete Workshop-Moderator Achim Schäfer, Geschäftsführer des MZG in Bad Lippspringe. „Es ist uns gelungen, mit den Krankenkassen einen Prozess zur Überführung des Programms in die Regelversorgung auch finanziell sicherzustellen.“
Beispiel 2: Ein durch eine Smartphone-App unterstütztes Nachsorgeprogramm für Patienten mit Depressionen nach ihrem Reha-Aufenthalt in der Median Klinik für Psychosomatik in Bad Dürkheim. Die App ist Teil des Nachsorgeprogramms De-Rena. „Neu ist das nicht“, sagte Stefan Schmädeke, Leitender Psychologe an der Klinik, „wir sind in Bad Dürkheim seit 15 Jahren an dem Thema dran. Doch damit haben wir sehr wenig Patienten erreicht.“ Daher geht De-Rena nun einen Schritt weiter. Denn das Nachsorgeangebot sei eng verzahnt mit dem Reha-Aufenthalt. Die Nutzung der App beginnt bereits in der Reha-Klinik, dort werden die Patienten darin geschult, Strategien für ihre Alltagsprobleme zu entwickeln. Dies greift die App in der Nachsorge auf. Sie planen mit dem Coach in der Klinik zum Beispiel eine Musterwoche im Alltag. Nach dem Reha-Aufenthalt bekommt der Coach über die App Veränderungen mitgeteilt. Schmädeke: „Unser Ziel ist es, die Nachhaltigkeit der Therapieerfolge zu erhöhen. Die Abstimmung zur Übernahme als Regelleistung läuft bereits.“
Beispiel 3: Das Konzept der Psychokardiologiean der Dr. Becker Klinik Möhnesee. „Alle Innovationen haben einen langen Vorlauf“, sagte Dr. Rainer Schubmann, Chefarzt der Abteilung Kardiologie und Psychokardiologie der Klinik mit 235 Betten, einer großen Psychosomatikabteilung und einer eher kleinen Kardiologie. Das Zentrum für Psychokardiologie wurde in Möhnesee bereits 2007 etabliert. „Studien belegen, dass Depression und Angst als häufige Störungen bei Patienten mit Herzerkrankungen auftreten“, sagte Schubmann. „Eine Reduktion der psychischen Belastung senkt die Mortalität und das Risiko für Folgeereignisse bei Herzpatienten.“
Nach dem Screening erhalten Patienten in der Klinik bei Bedarf ein psychosomatisches Konsil oder eine psychokardiologische Sprechstunde. Danach wird entschieden, wie es weitergeht. Schubmann: „Allen Patienten alles anzubieten, können wir uns nicht leisten. Aber Patienten, die einen Bedarf haben, werden bei uns in der Psychokardiologie behandelt, mit Erfolg. Von 1.000 kardiologischen Patienten hatten wir 100 psychokardiologische Patienten. Von 1.700 psychosomatischen Patienten landen immerhin 300 mit zusätzlichem kardiologischen Problem bei uns“, sagte Schubmann.