Fakt ist: Wir haben einen Pflegekräftemangel an deutschen Krankenhäusern. Die Ursachen dafür sind vielfältig und liegen nicht allein im Verantwortungsbereich der Kliniken. Auslöser sind vielmehr die zahlreichen politisch gewollten und in Gesetze gegossenen Einsparprogramme für die stationäre Versorgung, die in der ungenügenden Refinanzierung der Personalkosten mündeten und für die es, nebenbei bemerkt, stets Beifall von den Krankenkassen gab. Mindestens ebenso großen Anteil am Missstand haben die Bundesländer, die schon seit Jahrzehnten den Kliniken die notwendigen Investitionsmittel vorenthalten und sie damit in die absurde Situation bringen, sich zwischen Personalabbau oder Investitionsstau entscheiden zu müssen.
Deshalb wirkt es nicht besonders glaubwürdig, wenn die Kassen sich jetzt als „weiße Ritter“ für die Pflegekräfte präsentieren und nur die Kosten für Personal mit pflegerischem Berufsabschluss über das Pflegebudget bezahlen wollen. Das klingt vordergründig wie eine gut gemeinte Qualitätsoffensive. Es soll den Eindruck vermitteln, die Kassen würden nun endlich unterbinden, dass in den Kliniken massenhaft ungelernte Pflegekräfte auf die Patienten losgelassen werden.
Doch die Praxis in den Krankenhäusern sieht anders aus: Erstens sind Mitarbeiter ohne Berufsabschluss auf den Krankenhausstationen schlicht unersetzlich. Und zweitens heißt „ohne Berufsabschluss“ nicht, dass diese Kräfte unqualifiziert sind. Zugegeben, sie übernehmen nicht die Medikamentenversorgung, sie legen keine Zugänge und machen keine Wundversorgung. Sie übernehmen die einfachen, für den Patienten aber ebenfalls wichtigen Tätigkeiten wie Bettenmachen, Hilfe bei der Körperpflege und beim Essen. Sie entlasten damit die examinierten Pflegekräfte erheblich. Pflegekräfte ohne Berufsabschluss aus dem Pflegebudget auszuklammern, hilft also weder den Patienten noch der examinierten Pflege. Ganz im Gegenteil: Wenn Pflegehelfer nicht mehr bezahlt werden können, müssen Kliniken sie entlassen. Es müssten zusätzlich neue, examinierte Pflegekräfte eingestellt werden, die es aber aktuell gar nicht gibt. Schon heute können drei Viertel aller Krankenhäuser offene Stellen in der Pflege nicht besetzen. Ohne Pflegehelfer würde sich diese Situation dramatisch zuspitzen.
Fazit: Die Pflegebudgets so klein wie nur eben möglich zu halten und dafür auch noch den Gesetzgeber bemühen zu wollen, ist eine gefährliche Strategie, mit der sich der Pflegenotstand zuspitzen wird. Es wird in Kauf genommen, dass der Pflegeberuf durch weniger qualifizierte Tätigkeiten unattraktiver wird. Ein Rückschritt in das Pflegebild der Achtzigerjahre ist die Folge. Und aus Sorge ums Geld scheut sich dabei die AOK auch nicht, den Kliniken öffentlich Doppelabrechnung zu unterstellen, obwohl doch kaum Pflegebudgets vereinbart sind. Das alles zeigt, dass die streitanfälligen Pflegebudgets keine gute Lösung sind und dass Eingriffe in die Personalhoheit von Kliniken mehr Probleme als Nutzen bringen.